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„A light in the dark“ – Musik von Dmitri Schostakowitsch. Für audiophile Genießer

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„What shall we do with the drunken sailor“  Thematische Anklänge des Volkslieds im ersten Satz des zweiten Klavierkonzerts, könnte ebenso das Motto der CD sein. Von Ingobert Waltenberger.

Der überaus begabte junge österreichische Dirigent Erich Polz (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Weingut in der Südsteiermark, aber genauso gut) hat soeben eine in jeder Hinsicht tolle CD vorgelegt. Mit der Nordwestdeutschen Philharmonie und der luxemburgischen Pianistin Sabine Weyer musiziert er drei Werke von Dmitri Shostakovich: Die Festliche Ouvertüre in A-Dur Op. 96, das zweite Klavierkonzert in F-Dur, Op. 102 sowie die Sinfonie Nr. 9 in Es-Dur, Op. 70.

Die klassizistische fünfsätzige Neunte, die Schostakowitsch als „Pseudokomödie“ charakterisierte, das brillante Bravourstück „Festliche Ouvertüre“, aus Anlass  des 37. Jahrestages der Oktoberrevolution geschrieben, sowie das ebenso neoklassische zweite Klavierkonzert gehören zu den scheinbar leichter zugänglichen Werken des unsteten, in politisch-sowjetischen Netzen und der Bewältigung des Weltkriegs gleichermaßen  verfangenen Komponisten.

Die CD mag als Sammlung kulinarisch brillanter Showpieces genossen werden. Der Hörer darf sich aber auch fragen, warum etwa die Festliche Ouvertüre als sowjetische Politjubiläumsmusik so klingt wie eine Filmmusik zu einer Hollywoodkomödie. Da wäre dann noch das zweite Klavierkonzert, dem der Komponist selbst jeden künstlerischen oder ideellen Wert absprach, das jedoch sicher zum Schönsten und Witzigsten gehört, was in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts komponiert worden ist. Die vor Optimismus und manegenhafter Vorführlaune gestalteten Ecksätzen schließen ein Andante ein, das in hochromantischem Taumel und sehnsuchtsvoller Poesie eine andere Welt herbei imaginiert. Sabine Weyer beherrscht all die verschiedenen Stile im Konzert großartig. Im Allegro des dritten Satzes wirft sich die Pianistin mit energiegeladener Virtuosität in dieses gut gelaunte Finale und saust dem quirlig kecken Ende voller Schalk und Lachen wie eine siegesgewisse Skispringerin auf der Schanze entgegen.

Erich Polz hält die rhythmischen Zügel der spielfreudigen und in allen Instrumentengruppen auf Hochglanz polierten Nordwestdeutschen Philharmonie fest in der Hand. Was dieses exzellente ostwestfälische Orchester drauf hat, kann auch in der das Album beschließenden Neunten Sinfonie bestaunt werden. Auch hier dominiert  eine „humorvolle Unbekümmertheit“, wie das Daniel Knaack in seinem ausführlichen Aufsatz für das Booklet zutreffend beschreibt. Im November 1945 unter der Stabführung von Mrawinsky uraufgeführt, kann in der scherzohaften Frechheit des Stücks auch eine Anspielung auf den Unsinn von Krieg und heroischem Siegerpathos gesehen werden. Die Nordwestdeutsche Phiharmonie und Erich Polz leuchten all die klangliche Ironie, die grotesken Überspitzungen und dunkle Doppelbödigkeit genussvoll aus. Tempo, innere Spannung und Drive  sind unüberbietbar.

Die Klangqualität dieser Super Audio CD wird höchsten HiFi-Ansprüchen gerecht. Audiophile Klassikfreunde können ihre Anlagen krachen lassen. Sicher auch als Vorführ-CD eine Wucht. Ereignishaft!

 

 

Nordwestdeutsche Philharmonie und Sabine Weyer
Dmitri Schostakowitsch – Klavierkonzert Op. 102, Sinfonie Nr. 9 Op. 70
Hybrid SACD, ARS Produktion 2018
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