Zum Inhalt springen

Holländischer Impressionismus in Potsdam: „Wolken und Licht“

Rating: 4.00/5. From 4 votes.
Please wait...
Ausstellung

Von Barbara Hoppe.

Fast ist es ja schon eine Verpflichtung: Wenn das Museum Barberini in Potsdam für eine neue Ausstellung seine Türen öffnet kann man sicher sein, Meisterwerke dahinter zu finden. Meisterwerke, die in einem wohldurchdachten Konzept geehrt werden und den Besucher durch ein Stück Kunst- und Zeitgeschichte leiten.

„Wolken und Licht. Impressionismus in Holland“ heißt es dieses Mal. Impressionismus? Gehört der nicht nach Frankreich? Für alle, die unter diesem Begriff ausschließlich Claude Monet verankern: Ja, Impressionismus gab es auch in Holland. Zwar galt in dem Land der Realismus der Alten Meister des 17. Jahrhunderts lange als das Maß aller Dinge. Doch dann schwappte die Landschaftsmalerei, die Malerei „en plein air“, aus Frankreich nach Holland hinüber und die dortigen Künstler griffen die frischen Impulse begeistert auf. Doch einfach nur Nachmachen war ihre Sache nicht. Die holländischen Künstler entwickelten eine ganze eigene Form – den holländischen Impressionismus.

Jan Hendrik Weissenbruch: Blick auf drei Mühlen, 1890
Öl auf Leinwand, 97 x 71,5 cm
Stedelijk Museum Amsterdam, Schenkung der Openbare Verzameling van Hedendaagsche Kunst (VVHK)

Die aktuelle Schau präsentiert rund 100 Werke von etwa 40 Künstlerinnen und Künstlern, darunter auch solche, die in Deutschland kaum bekannt sind. „Die holländische Kunst des 19. Jahrhunderts wird in Deutschland kaum gezeigt und ist mit Ausnahme der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, die in den 1880er-Jahren Werke der Haager Schule ankauften, in hiesigen Museen kaum vertreten“, erklärt Michael Philipp, Chefkurator am Museum Barberini und Kurator der aktuellen Ausstellung.

Aber in dem Zeitraum zwischen 1840 und 1910 entstanden in Holland zahlreiche Meisterwerke, die uns nicht nur staunen lassen, sondern auch unsere Nachbarn ein Stückchen näher bringt. Denn wie sehr diese Bilder mit dem holländischen Kunstverständnis verknüpft sind, zeigt sich allein an den 25 Leihgaben des Rijskmuseums aus Amsterdam. Einen ganzen Saal räumte das Haus für die Ausstellung in Potsdam leer und gab sogar das „Nationalheiligtum“ des Amsterdamer Impressionismus her, den „Morgenausritt am Strand“, 1876 gemalt von Anton Mauve (1838 – 1888).

Anton Mauve: Morgenausritt am Strand, 1876
Öl auf Leinwand, 43,7 x 68,6 cm
Rijksmuseum, Amsterdam, Schenkung Herr und Frau Drucker-Fraser, Montreux

Er gehört noch der Haager Schule an, deren Vertreter sich an die Wolkenmalerei der Alten Meister anschlossen und die ihre Motive in der Polderlandschaft mit ihren Wiesen und Kühen, Kanälen und Windmühlen unter hohem Himmel fanden bzw. mit lichthaltigen Grautönen arbeiteten. War das Meer nicht weit, standen gern auch Seefahrt und Fischerei im Vordergrund. Mit den Amsterdamer Impressionisten ab den 1880er – Jahren ging es hinein in die Stadt. Hier stehen das moderne Leben, Kaffeehäuser, Einkaufsstraßen und elektrisches Licht im Fokus der Maler. Ihr Blick richtete sich auf den technischen Fortschritt und gesellschaftlichen Wandel, bei dem Meer nicht mehr harte Arbeit, sondern vor allem Badeurlaub und Freizeitvergnügen bedeutete.

George Hendrik Breitner: Die Singelbrücke bei der Paleisstraat in Amsterdam, 1898
Öl auf Leinwand, 100 x 152 cm
Rijksmuseum, Amsterdam, Nachlass Herr und Frau Drucker-Fraser, Montreux

Zehn Jahre später hielt der französische und belgische Pointillismus Einzug in die holländische Malerei. Auf die bis dahin gedeckten Farben dominierte plötzlich Farbintensität, was das Herz des Betrachters unvermittelt mit Leichtigkeit erfüllt. Kaum zu glauben für uns heute, dass den Menschen damals diese Ausdruckskraft der Farbe äußerst suspekt war und nicht immer auf Gefallen stieß. „Zu unnatürlich“, befanden die Kritiker. Doch aufzuhalten war der Malstil nicht. Nach 1905 fand sich für diese Kunstrichtung der Begriff Luminismus. Eine echte Entdeckung sind dabei die frühen Bilder von Piet Mondrian. Noch weit entfernt von seinen geometrischen Formen, die ihn populär machen sollten, zeigt die Schau in Potsdam das pointillistische Frühwerk des Künstlers. Seine Werke zeigen, dass mit den rasanten Entwicklungen in der holländischen Kunst ab Mitte des 19. Jahrhunderts der Avantgarde des 20. Jahrhunderts Vorschub geleistet wurde. Eine Avantgarde, die sich schließlich wie allerorts in Europa in verschiedenste Richtungen aufspaltete.

Piet Mondrian: Kleines Haus in der Sonne, 1909
Öl auf Leinwand, 52,5 x 68 cm
Kunstmuseum Den Haag

Aber das steht in einem anderen Kapitel Kunstgeschichte. Was das Museum Barberini in „Wolken und Licht“ zusammengestellt hat, macht Lust. Lust auf Neues. Lust auf Unbekanntes. Lust darauf, Künstlerinnen und Künstler zu entdecken, die uns tiefer hineinführen in die holländische Kunst mit den Menschen, die sie formten.

Wolken und Licht. Impressionismus in Holland
Ausstellung noch bis zum 22. Oktober 2023

Museum Barberini
Alter Markt, Humboldtstraße 5-6
14467 Potsdam

Katalog zur Ausstellung

Öffnungszeiten:
täglich (außer Dienstag): 10 bis 19 Uhr

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

Dutch Impressionism in Potsdam: „Clouds and Light“
The Museum Barberini in Potsdam presents its latest exhibition „Clouds and Light: Impressionism in Holland“. The show is dedicated to Dutch Impressionism, which has long been overshadowed by the Old Masters. Around 100 works by approximately 40 female and male artists are on display, including lesser-known names. Dutch art of the 19th century is rarely seen in Germany, but this exhibition brings it closer to the visitors.

The Dutch artists were enthralled by French landscape painting and „en plein air“ techniques, leading them to develop their own form of Impressionism. The exhibition showcases works that exemplify the diversity of this art style, from rural polder landscapes to urban life in Amsterdam.

Particularly impressive are the loaned artworks from the Rijksmuseum in Amsterdam, including the famous painting „Morning Ride on the Beach“ by Anton Mauve. The exhibition also highlights the influence of French Pointillism on Dutch painting.

The Museum Barberini captivates with an enthralling presentation that sparks curiosity for discovering new artists and a deeper connection to Dutch art history. „Clouds and Light“ offers a unique opportunity to explore the fascinating world of Dutch Impressionism and experience a piece of art and history up close.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert