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In wenigen Wochen erscheint die Autobiographie von Woody Allen. Ein Grund zum Wiedersehen mit einem seiner unterhaltsamsten Filme.

,,Julia Roberts und Woody Allen finden sich hier zum etwas anderen Traumpaar des amerikanischen Films“, schreibt Stephan Reimertz in seinem Buch über Woody Allen. Das quirlige New Yorker Filmmusical ist die ideale Unterhaltung für ein Kinoerlebnis zu Hause und wird neben einer Handvoll anderer Allen-Filme von Youtube dankenswerterweise im Original bereitgehalten:

Bei Woody Allen wird der Musical-Film zur Parodie des Film-Musicals. Everyone Says I Love You, unmittelbar nach Mighty Aphrodite gedreht und im Dezember 1996 uraufgeführt, führt eine auf penetrante Art liberale Familie aus dem New York von heute mitten in ein Filmmusical im Stil der dreißiger Jahre. Everyone Says I Love You ist eine Art musikalischer Familienchronik zwischen Hochzeit, Halloween und Tod. Der Handlungsfaden ist dünn; er dient lediglich dazu, die Gesangs- und Tanznummern auf dem kürzesten Weg miteinander zu verbinden. Die Geschichte, so outriert und turbulent sie sich gibt, ist am Ende viel Lärm um nichts. Der Autor ist immer präsent, doch die Geschichte sucht der Zuschauer vergebens.

            Dafür führt der Regisseur ihn in »die meiner Meinung nach romantischsten Städte der Welt… Ich wollte immer schon einen Film machen, der in meinen drei Leblingsstädten spielt — New York, Paris und Venedig.«

Der New Yorker Filmmusik-Komponist Dick Hyman, der schon an sechs von Allens Filmen mitgearbeitet hatte, arrangierte eine eingängige Partitur, in der Leonard MacKenzies Chiquita Banana ebensowenig fehlt wie der Song, der dem Film seinen Namen gab: Everyone Says I Love You von Burt Kalmar und Harry Ruby. Zur großen Gaudi aller Beteiligten ließ Allen seine Schauspieler singen. Auch Tracy Ullman und die schöne Liv Tyler spielten mit, wurden jedoch in der Endfassung herausgeschnitten. Goldie Hawn sang das berühmte I’m through with love so gut, daß der Regisseur sie bitten mußte, schlechter zu singen. Der Song von Gus Kahn, Matty Melneck und Joseph A. Livingston dient als eine Art Leitmotiv und wird unter anderem in einer Rap-Fassung zu Gehör gebracht. Auch Itzhak Perlman persönlich spielt die Weise an. Es war das zweite, aber nicht das letzte Mal, daß der große Geiger als »himself« in einem Kinofilm auftrat. Das Lied war für Marilyn Monroe in Some Like It Hot (1959) geschrieben worden, und Billy Wilder liebte es vom ersten Moment an: »Das war die ideale Filmmusik.« Jeder der sagt: »I’m trough with love«, meint natürlich das Gegenteil.

Es ist der bei weitem komischste Augenblick des Films, als Woody Allen den Song singt, noch dazu als Liebeserklärung an Julia Roberts. Roberts versucht sich an Sidney D. Mitchells All My Life. Rührend wie das Gesangsduo Allen-Roberts ist auch die Tanzszene von Woody Allen und Goldie Hawn am Seineufer unterhalb des Pont Neuf. Das pas-de-deux wird von special effects unterstützt. An derselben Stelle hatte Allen dreißig Jahre zuvor, in What’s New, Pussycat? allein Geburtstag gefeiert.  

Aus: Stephan Reimertz: Woody Allen. Rowohlt Verlag, Reinbek
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