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Wir waren Papst

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In seiner umfangreichen Biographie Benedikts XVI. unternimmt Peter Seewald das Resümee eines konsequent gelebten Lebens und eines impulsgebenden Pontifikats. Kann sein neues Buch zum Standardwerk über den Papst aus Bayern werden? Von Stephan Reimertz.

Sowenig es überrascht, wenn die Eltern eines Papstes Maria und Joseph heißen, so sehr verblüfft es, wenn man erfährt, wie sie sich durch eine Zeitungsannonce kennengelernt haben. Die Mutter zählte 43 Jahre, war also die reinste Sarah, als sie mit dem künftigen Pontifex niederkam. Der vorauseilende Ungehorsam, welchen große Teile der deutschen Publizistik ihrem päpstlichen Landsmann schon zu dessen Zeiten als Kardinal zu schulden glauben, wirkt ebenso peinlich wie der Infantilismus und der forciert muntere Tonfall aus den Fünf-Freunde-Büchern von Enid Blyton, in dem diese neue Biographie nun daherkommt.

Ein außergewöhnliches Leben

Das mehr als tausend Seiten umfassende Buch beschreibt den Werdegang des späteren Papstes Benedikt XVI. von dessen Geburt in Marktl am Inn bis zu seinem Rücktritt vom Amt des Pontifex. Ratzinger war Theologie-Professor in Münster, Bonn, Tübingen und Regensburg, Konzilstheologe und Redenschreiber für Kardinal Frings auf dem II. Vatikanischen Konzil, Erzbischof von München und Freising, Vorsitzender der Glaubenskongregation in Rom und saß schließlich als Benedikt XVI. auf Petri Stuhl. Kein Journalist oder Autor kennt Joseph Ratzinger genauer als Peter Seewald, der für dieses Buch viele Stunden lang mit dem Hochbetagten gesprochen hat. Zudem hat er schon vorher vier Gesprächsbände mit Benedikt vorgelegt. Auch mit Weggefährten wie Erzbischof Georg Gänswein und dem Bruder Georg Ratzinger hat sich Seewald unterhalten. Der Esprit und die stilistische Verve von keinem von beiden – und selbst vom Papst nicht – konnte unserem Autor im geringsten aufhelfen, auch der Heilige Geist hat ihn mit seiner Arbeit alleingelassen.

Cover: Droemer Verlag



Geistlos und monoton

Wenn ein Autor für Flugzeug das Wort Flieger verwendet, ist es Zeit für den Leser, das Buch in die Ecke zu feuern. Der Baseballkappen-Jargon dieses Buches ist nicht gelungen. Die geistlose Monotonie und Baby-Sprache drückt sich u. a. im penetranten Präsens aus. Das hält man einmal über eine Kurzgeschichte aus, aber nicht über tauend Seiten. Das Buch ist vollkommen stillos. Einem mündigen Leser kann der Stil dieses Buches bei einem solch komplexen Gegenstand nur völlig unangemessen erscheinen. Konsequent fehlt auch die historisch-theologisch-philosophische Tiefenschärfe; der Leser sei besser auf die Schriften von Roberto de Mattei, Martin Mosebach, Reinhold Schneider etc. verwiesen und vor allem jene von Papst Benedikt selbst, der ein begnadeter Schriftsteller ist. Seine Jesus-Trilogie zeigt, wie man einfach und doch inspiriert schreiben kann. Und seine Autobiographie der Jahre 1927–1977 beweist einmal mehr den geistigen und stilistischen Glanz unseres großen Zeitgenossen.

Peter Seewald
Benedikt XVI.: Ein Leben
Droemer Verlag, München 2020
bei amazon
bei Thalia

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Ein Gedanke zu „Wir waren Papst“

  1. Scharfer Kommentar!!!

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