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Menschen im Museum: „Das Wunder von Piacenza“

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Menschen im Museum. Kolumne von Susanne Falk

25. Kolumne von Susanne Falk im Feuilletonscout.
Zum Jubiläum heute mit einem ganz besonderen Interview.


Sie ist wieder da. Etwas blass um die Nase, weil sie mehr als zwei Jahrzehnte in einem dunklen Versteck in einer Mauernische verbracht hat, eingewickelt in eine Plastiktüte, aber, immerhin, es gibt sie noch, Klimts namenlose Dame.

Im Februar 1997 wird während Renovierungsarbeiten das „Bildnis einer Frau“ von Gustav Klimt aus der Galerie für moderne Kunst Ricci Oddi in Piacenza entwendet und fortan weltweit gesucht. Allein, das Bild war nicht mehr zu finden. Wer es gestohlen hat und warum, wird sich vermutlich nicht mehr aufklären lassen. Aber dass es wieder da ist, gibt Anlass zur Freude, so es sich denn um das echte Gemälde handelt. Bei Gartenrenovierungsarbeiten fand man hinter viel Efeu die vergessene Metallluke und dahinter den Sack mit dem Gemälde. Die Leute der Galerie können ihr Glück kaum fassen, nimmt damit doch ein besonders dreister Kunstraub ein gutes Ende. Von einem Weihnachtswunder spricht man gar in Piacenza.

Feuilletonscout hat als erste und womöglich auch als einzige Kulturplattform die Chance erhalten, mit der namenlosen Dame ein Gespräch zu führen, dass Sie hier im Folgenden lesen können.

Sehr geehrte namenlose Dame, zunächst möchten wir Ihnen einmal unseren Glückwunsch aussprechen, dass man sie jetzt, nach 22 Jahren, heil und in einem Stück wiedergefunden hat.
Danke. Damit war in der Tat nicht mehr zu rechnen. Ich dachte schon, ich muss ewig hinter dieser dummen Luke herumlungern, noch dazu in einem Plastiksackerl. Widerlich!

Wir verstehen Ihren Unmut. Können Sie sich denn daran erinnern, wie sie dorthin gelangt sind?
Aber sicher kann ich mich daran erinnern! Zwei Hände haben mich von der Wand gehoben, mich in den Sack gesteckt und dann war’s 22 Jahre um mich herum ziemlich dunkel. Ein Wunder, dass ich das alles so gut überstanden hab!

Sie sehen allerdings etwas blass aus.
Danke, die Dunkelheit hat meinem Teint in der Tat sehr gut getan. Mein Kleid ist allerdings vollkommen aus der Mode, aber da kann man wohl wenig machen. Der Gustav hat halt sein ganzes Gold für die Adele aufgebraucht, nun, da blieb halt nichts für unsereins übrig.

Wie eng war denn ihr Verhältnis zu ihrem Schöpfer, Gustav Klimt?
Na, besonders eng kanns net g’wesn sein, sonst hätt ich jawohl an Namen, gell?

Hören wir da ein gewisses Maß an Frustration heraus?
Aber geh…

Das heißt, Sie beide standen sich nicht besonders nahe? Klimt wird ja sonst oft ein sehr enges Verhältnis zu seinen Modellen nachgesagt…
Also, ich bitte Sie, mit wem ich vor gut 100 Jahren mal gepudert hab, ist ja wohl mein Privatvergnügen. Das geht die Kunstwelt überhaupt nichts an.

Es heißt, unter Ihrem Bildnis verbirgt sich ein weiteres, nämlich das einer Dame mit Hut.
Ach, der depperte Hut! Den fand ich so albern, da hab ich Gustav ein neues Bild anfertigen lassen.

Das heißt, die übermalte Dame sind gleichfalls Sie selbst?
Nona, jo. Denke ich. Möglich. Kane Ahnung.

Und was haben Sie in Zukunft vor?
Nun, nachdem diese Restauratoren und Kuratoren ihre Finger nicht von mir lassen können, werde ich wohl einige Zeit in irgendwelchen Laboratorien verbringen und danach hängt man mich hoffentlich wieder an die Wand. Da gehör ich schließlich hin.

Vielen Dank für das Gespräch!

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

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