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Menschen im Museum: „Was ist Glück?“

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Menschen im Museum. Kolumne von Susanne Falk

Kolumne von Susanne Falk.

Auf dem Rücken der Pferde soll es liegen. Ich denke, da liegt vornehmlich ein Sattel – wenn man Glück hat. Es ist mit den Dummen. Die Österreicher behaupten, es sei ein „Vogerl“, sprich schwer zu fassen. Und nicht wenige Leute verwechseln es mit der Abwesenheit von Unglück. Das ist ungefähr so sinnvoll, wie das Leben als Nicht-tot-sein zu definieren. Was also ist Glück?

Die Dänen wissen es angeblich besser als alle anderen. Sie führen regelmäßig die Liste der glücklichsten Länder an. Folgerichtig steht das „Glücksmuseum“ auch in Kopenhagen. Dort darf man sich dann von allgemeinen Statistiken über praktische Anleitungen bis hin zu Glücksbringern (und Unglücksbringern) alles ansehen, was mit Glück zu tun hat. Kleiner Spoiler: Eine MAGA-Mütze in Trumprot gibt es hier auch, als Beispiel eines Objekts, das für viele ein begreifliches Unglück bedeutet.

Was uns angeblich wirklich glücklich macht, ist oft sehr individuell. Allen Menschen gemeinsam ist aber, dass sie erfüllte soziale Beziehungen brauchen, um wahrhaft glücklich zu sein. Finanzielle Sicherheit (nicht zu verwechseln mit Reichtum) gehört auch dazu sowie Gesundheit, Freiheit, berufliche Entfaltungsmöglichkeit. Das ist nicht neu, aber immer noch wahr und dass sich das mit Corona und der allgemeinen Unsicherheit auf unserem Planeten nicht gut verträgt, erklärt sich fast von selbst. Was also macht uns in Zeiten wie diesen glücklich? Und kommen Sie mir jetzt nicht mit: Es sind die kleinen Dinge, Susanne! Ein Vogelzwitschern, ein schöner Tag im Sonnenschein, das Lachen eines Kindes. Das klingt wie eine Textzeile aus einem Hermann-van-Veen-Lied der 1980er. Grauenvoll.

Zynismus macht einen übrigens nicht wahnsinnig glücklich. Humor dagegen schon. Es muss sich eben die Waage halten. Ansonsten ist es mäßig sinnvoll, dem Glück hinterherzujagen oder sich massenhaft Ratgeber dazu zu kaufen. Das ändert mitunter nichts an den Gegebenheiten. Ich kann mich sehr um gute und stabile Freundschaften bemühen – wenn ich nicht genug Geld zum Leben habe, wird das nicht alles wettmachen können. Es kommt leider aufs Gesamtpaket an.

In der Zeichentrickserie „Angelo“, die meine Kinder gerne schauen, bemüht sich die Titelfigur über Monate, einen perfekten Tag vorauszuplanen. Angelo steckt also eine Menge Arbeit in sein Glück und wartet nicht darauf, dass es ihm einfach zufällt. Es geht zwar einiges schief, aber am Ende findet er es natürlich. Ich frage mich, ob das die richtige Lektion ist, die meine Kinder lernen sollen: Glück muss erarbeitet werden. Das ist kurz vor „Glück muss man sich verdienen“. Ich kenne eine ganze Menge Menschen, die nichts von dem verdient haben, was sie glücklich macht und trotzdem gut drauf sind. Und viele, die äußerlich betrachtet alles haben und dennoch nicht glücklich sind. Also ist es Einstellungssache? Oder genetisch bedingt? Während mich diese Fragen umtreiben, packt mein jüngeres Kind einfach die Badesachen zusammen und zerrt mich, die missmutige Mutter, zur Tür hinaus, ab ins Freibad. Och nö, maule ich, die vielen Menschen und das doofe Abstandhalten wegen Corona und dann wieder im nassen Bikini nach Hause… Aber dann stehe ich dort, im Freibad, das gar nicht so voll ist wie befürchtet und das Kind lacht und die Sonne scheint und glitzert auf dem klaren Wasser und irgendwo zwitschert sogar ein Vogel und mein Leben ist für einen kurzen Augenblick wie es sein soll, Klischees inklusive. Vielleicht ist das die wichtigste Lektion von allen: Glück ist oft nur ein kurzer Moment. Und der klingt in dir nach wie Singer-Songwriter-Geplänkel der 1980er. Manchmal ganz unerwartet, unverhofft schön.

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