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Im Kino: „Die Liebe in ungleichen Zeiten“

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Von Birgit Koß.

„Die Liebe in ungleichen Zeiten“ ist ein Drama über Widerstand und Liebe auf Sansibar Mitte der 50er Jahre – in den letzten Jahren der britischen Kolonialherrschaft – von dem tansanischen Regisseur Amil Shivji. Die Geschichte beruht auf dem Roman „Vuta n’kuvute“ des auf Sansibar geborenen Schriftstellers Adam Shafi Adam, ein Werk, das bis heute in tansanischen Schule gelesen und hoch geschätzt wird. Adam Shafi Adam ist der bekannteste zeitgenössische Autor Tansanias, der auf Kisuaheli schreibt.

Der junge Denge, ursprünglich Fischer, hat es ins Ausland geschafft, wo er mit kommunistischen Ideen in Kontakt gekommen ist. Nun – 1954 – ist er auf die Insel zurückgekehrt, um aktiv am Widerstandskampf gegen die britische Kolonialherrschaft teilzunehmen. Mit seinen Freunden schreckt er die weiße Elite in ihren Clubs auf, wo sie sich zu sansibarischer und internationaler Musik mit viel Alkohol amüsiert und verteilt Flugblätter – ein äußerst riskantes Unterfangen. Parallel verlässt die junge indischstämmige Yasmin ihren alten Ehemann, mit dem sie zwangsverheiratet wurde und flieht in das afrikanische Viertel von Stone Town, der Hauptstadt Sansibars, zu der Sängerin Mwajuma. Hier lernt sie Denge kennen. Für die beiden ist es Liebe auf den ersten Blick – eine zu der Zeit eher ungewöhnliche, sehr zarte Liebesgeschichte, die gegen ethische Vorstellungen und entsprechende Klassenzugehörigkeit verstößt. Als Denge gefasst und ins Gefängnis gebracht wird, überwindet Yasmin ihre Angst und anerzogene Zurückhaltung, nimmt Kontakt mit der Widerstandsgruppe auf dem Festland auf und hilft bei Denges Befreiung.

Amil Shivji zeigt in vielen Großaufnahmen mit wenig Worten die beginnende Liebesgeschichte, dazwischen immer wieder die Widerstandsaktionen auf den nächtlichen Straßen. Beim Filmstart erzählt der Regisseur, dass er eng mit der Bevölkerung auf Sansibar zusammengearbeitet hat. Es ging ihm um ihre Geschichte, die er sehr sensibel in authentischen Bildern und Gesten eingefangen hat, dabei spielt die Musik eine große Rolle. Bemerkenswert an dem Film ist die emanzipatorische Entwicklung Yasmins, die abweichend von der Romanvorlage verläuft. Dort wird die junge Frau mehrfach verheiratet und muss ganz in ihrer Rolle zuhause aufgehen. Doch der renommierte Autor Adam Safi Adam hat dem Regisseur für seine Interpretation der Geschichte freie Hand gelassen. Somit ist ein weiterführender Film entstanden, der sowohl die fünfziger Jahre spiegelt, als auch ganz aktuelle Anklänge hat. Ein außergewöhnliches Filmprojekt aus Ostafrika, das sogar als tansanischer Beitrag bei den Oscar-Bewerbungen eingereicht war.

„Die Liebe in ungleichen Zeiten“ beleuchtet eine Zeit, die bis heute in Tansania und speziell auf Sansibar ein Tabu ist. Bei der sich dem Widerstand anschließenden Revolution auf Sansibar, zu Beginn des Jahres 1964, gab es ein Massaker, bei dem von den 300 000 Bewohnern innerhalb einer Woche 10 000 ermordet wurden. Diese furchtbare Zeit, die eine längere koloniale Vorgeschichte hat, ist bis heute nicht hinreichend aufgearbeitet worden. Amil Shivji sagt, es sei ihm nicht nur an einem historischen Filmstoff gelegen – deshalb auch die emanzipatorische Entwicklung von Yasmin -, sondern ihn interessiere besonders die Frage, was die Hingabe an Veränderung und Freiheit bewirke und wie dies die Liebe verändern könne. Ein zeitloses Thema.  

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