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Die vier Elemente: Orgel und Klavier im synästhetischen Dialog in Altonas Kulturkirche

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Feuilletonscout Das Kulturmagazin für Entdecker Musik

Von Stefan Pieper.

Auch jenseits des prominenten Hochglanzbetriebs von Elbphilharmonie und Co. gibt es engagierte Menschen, die miteinander vereint, spannende Kooperationen – zum Beispiel zwischen Mathias Weber, dem Pianisten, Musikpädagogen und Klangforscher auf historischen Erard-Flügeln und Fernando Gabriel Swiech, dem Kantor und Organisten der Kulturkirche in Altona, die jedes Jahr unter einem bestimmten Motto hervorragend durchdachte Konzertreihen auf die Beine stellen, in der natürlich auch die prachtvolle Orgel der Kirche ganz groß rauskommt. Das Motto „Vier Elemente“ erwies sich als Schnittstelle, als Titel für den diesjährigen Orgel-Herbst-Winter zum 25. Jubiläum der Kuhn-Orgel in dieser Kirche einerseits und zum anderen den diesjährigen Aktivitäten des Pianisten, Pädagogen und Musikforschers Mathias Weber.  

Also vier Elemente: Eine „flammendere“ Musik ist an diesem Sonntagvormittag dazu kaum denkbar. Modale Tonkaskaden, absteigende Halbton- und Ganztonschritte und vieles mehr, verdichten sich zu einem Brausen, das lauter werdend, wie Feuer züngelnd alles zu verschlingen droht. Alexander Skrjabins Tondichtung „Vers la flamme“ – pianistisch eindrucksvoll durch Mathias Weber auf einem großen Bösendorfer entfacht – fand in der außergewöhnlichen Akustik von Hamburgs Kulturkirche reiche Nahrung. Liest man über Intention und Entstehungskontext dieses Werkes aus dem Jahr 1914, ist die Rede von einer „extremen Überzeugung seines Schöpfers, dass die Hitzeakkumulation zur Zerstörung der Welt führen würde.“ Aber jenseits dieser, „brennend“ aktuell wirkenden dystopischen Konnotation markierte diese Darbietung eine Entdeckung von überraschender Musik, die keine Kompromisse eingeht – und einem daher im normalen Alltagskulturbetrieb doch häufig vorenthalten wird. Und allein das hatte die  weite, spontane Anreise nach Hamburg schon gerechtfertigt. Mathias Webers langjährig betriebene Klangforschungen auf den Erard-Flügeln geben seinem Spiel auch dann einen pianistischen Wiedererkennungswert, wenn er einen Bösendorfer unter seinen Händen hat. Verblüffend klar und analytisch gab sein Spiel auch sämtlichen elementaren Klangzuständen in diesem Programms feinste Kontur.

Mathias Weber © Stefan Pieper

Transzendentale Hörerfahrungen

Auch die weitere Werkauswahl dieser beeindruckenden Veranstaltung war im Ganzen darauf angelegt, sich von der Kraft der Elemente inspirieren zu lassen und transzendente Hörerfahrungen zu ermöglichen. Bach vereint sowieso alles, was menschliche Existenz jemals verkörpert – also ließ Fernando Gabriel Swiech Johann Sebastian Bachs „Vater unser im Himmelreich BWV 636“ von der Orgel brausen. Als gute, stimmige Pendants zu Alexander Skrjabins spektakulärem „Vers La flamme“ erwiesen sich Louis Viernes „Hymne au Soleil“, Franz Liszts „Au bord d‘une source“ und Maurice Ravels „Ondine“. Bei letzteren beiden trat die Empfindung von Wasser so plastisch und lautmalerisch hervor, dass man fast mit in die Fluten hinein gezogen wurde. Luftiger wurde es dann in Claude Debussys „Le vent dans la plaine“ und „Les sons et les parfums tournent dans l’air du soir“. Olivier Messiaen, der wie kaum ein anderer naturhaftes Erleben und spirituelles Empfinden synchronisierte, beschloss diese eindrucksvolle Kollaboration zweier engagierter Musiker und ihrer Instrumente mit einem Orgelwerk: „Sortie. Le vent de l’Esprit“. 

Fernando Gabriel Swiech © Stefan Pieper

Konzerte an verschiedenen Spielstätten

Am 16. Juni 2024 gestaltet Mathias Weber einen Schumann-Abend in der Alten Druckerei Ottensen/Weinklang. Ein stimmungsvolles Klaviermarathon soll die Erard-Mittsommernacht am 21. Juni 2024 in der Kirche am Blankeneser Markt werden, auf dem Programm stehen Werke von Ravel, Mendelssohn, Schubert und Beethoven. Am 15. September 2024 lädt die Elbphilharmonie zu einem Klavierabend mit Mathias Weber am Érard ein, inspiriert von der Idee des Tanzes.

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.



The Four Elements: Organ and Piano in Synesthetic Dialogue at Altona’s Kulturkirche
Beyond the renowned Elbphilharmonie, there are committed individuals engaging in exciting collaborations. Mathias Weber, a pianist, music educator, and researcher on historic Erard pianos, collaborates with Fernando Gabriel Swiech, the cantor and organist of the Kulturkirche in Altona. Together, they annually present thoughtfully curated concert series, such as this year’s Organ Autumn-Winter for the 25th anniversary of the Kuhn organ in the Kulturkirche under the theme „Four Elements.“

The event offered an impressive performance, led by Alexander Scriabin’s „Vers la flamme,“ interpreted by Mathias Weber on a Bösendorfer. Weber’s performance on the Erard pianos added a unique sound quality to the program. The selection of works was aimed at providing transcendent listening experiences.

Future concerts include a Schumann evening at the Alte Druckerei Ottensen/Weinklang, an Erard Midsummer Night at the church in Blankeneser Markt, as well as piano evenings at the Elbphilharmonie inspired by dance, and opportunities to discover young artists.

This collaboration between two dedicated musicians promises to continue offering outstanding musical experiences at various venues.

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