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Statt Kino: “Mafia Queens”

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Von Barbara Hoppe.

Vollmundig beschreibt der deutsch-französische Sender arte die israelische Serie „Mafia Queens“ als eine Mischung aus „Kill Bill“, „Desperate Housewives“ und „Der Pate“. Dazu zeigt der Sender ein Bild von sechs weißgekleideten Frauen jeden Alters, die mafiamäßig abgebrüht schauen und den Eindruck vermitteln, mit mächtig eingeschworener Frauenpower dem Gangstermilieu das Fürchten zu lehren.

So weit, so gut, so missverständlich. Keine Frage: „Mafia Queens“ ist eine hervorragende Serie, die im hebräischen Original mit Untertiteln derzeit mit zwei Staffeln in der Mediathek von arte zu sehen ist. Allein die Erwartungshaltung, die eine solche Ankündigung nebst Bild (das so in keiner Folge zu sehen ist) erweckt, sollte man schnell ad acta legen. „Mafia Queens“ ist nämlich von allem etwas und dadurch etwas ganz eigenes, das es gar nicht nötig hat, mit Quentin Tarantino’s Rachefeldzug einer Uma Thurmann, Coppolas Paten oder dem hysterischen Leben von vier Nachbarinnen verglichen zu werden. Wenn man das versteht, ist „Mafia Queens“ eine höchst unterhaltsame, sarkastisch-komische, wenngleich bisweilen blutige Angelegenheit in bisher 21 Folgen.

Worum geht’s?

Die Männer des Malka-Clans feiern gerade den Junggesellenabschied des Malka-Sohnes Eyal auf der Familienjacht, als ein Todeskommando sie und ihre Gespielinnen niedermetzelt. Einziger, unentdeckter Zeuge ist Ido, der neunjährige Sohn Eyals aus erster Ehe. Die Leichen sind noch nicht richtig kalt, da verteilen die anderen Clans bereits die Territorien neu, fordern Gelder ein und setzen die hinterbliebenen Frauen unter Druck. Und das tun sie auf klassische mafia-macho Art, was die Malka-Frauen zunächst völlig überrumpelt. Doch mit jeder Minute, mit jeder Folge wächst der Widerstand von Dori, Lizi, Tzipi, Sapir, Naam und Nina. Verlassen sich die sechs Frauen zunächst noch auf einzelne Männer, die ihnen wohlgesonnen sind oder scheinen, emanzipieren sie sich zunehmend. Ganz im Gegenteil zu den Männern, die sich von den Frauen nicht lossagen können, was am Ende ihr Verhängnis einläuten soll. Allein diesem Wandlungsprozess zuzuschauen, in die mühsam unter Kontrolle gehaltenen, wütenden Gesichter der Frauen zu blicken und ihre zusammengebissenen Zähne zu erahnen, ist eine Wonne. Lizi tritt in die Fußstapfen ihres Vaters und kommandiert bald ihre eigene Armee, Dori und Sapir – Mutter und Fast-Schwiegertochter – sind so schön wie verschlagen, Naam und Nina würden gern ins bürgerliche Lager wechseln, doch mit dem Druck von außen und durch die Gefahr, in der ihr Sohn und Bruder Ido schwebt, steigen auch Mutter und Tochter aus Eyals erster Ehe ins Familiengeschäft ein.

21 Folgen lang lieben und hassen sich die sechs, arbeiten zusammen und gegeneinander, schwören Rache und platzen vor Wut, stehen mutig ihre Frau und sind ausgebufft genug, immer aufs Ganze zu gehen. Dass es auch darum geht, am Ende Mr. Right zu finden und sich eigentlich jede Mutter – auch die Mafia-Patin – für ihre Tochter einen netten Mann wünscht, ist zwar mitunter etwas ermüdend, schadet der Sache aber nicht. Immerhin geben diese Szenen einen interessanten Einblick in die israelische Gesellschaft von heute mit all ihren gesellschaftlichen Erwartungshaltungen und interkulturellen Problemen. Denn Israel ist ein Melting Pot, in dem verschiedenste Religionen und Weltanschauungen auch in „Mafia Queens“ heftig aufeinanderprallen.

So bleibt zu hoffen, dass niemand auf die Idee kommt, die Serie weiter zu produzieren. Denn diese 21 Folgen sind in sich einfach rund, tragisch und komisch, brutal und bissig zugleich und so unberechenbar, wie die sechs Frauen in der Mafiawelt. Besser geht es nicht.

Auch zu sehen in der arte Mediathek bis zum 31.3.2023 hier

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