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Musik. Die neue Generation. Ein Moment mit … Clara Baesecke

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Musik. Die neue Generation. Ein Moment mit … Clara BaeseckeStephan Reimertz trifft die Münchner Cellistin

Gut gebrüllt, Löwin! möchte man ausrufen, wenn man Clara Baesecke in dem Cellokonzert No. 1 der Münchner Komponistin Katharina Susanne Müller hört. Mit großer Stärke und Selbstverständlichkeit betritt der Klang ihres Solocello die Manege. Gleich darauf beweist die Cellistin jedoch, dass sie auch zu größter Subtilität des Vortrags fähig ist. Baesecke ist als Musikerin sehr vielgestaltig. Sie besitzt, was man nicht lernen, sich nicht aneignen kann: Charisma. Das wird auch in ihrer persönlichen Aura deutlich, in der sich Offenheit und Eigensinn verbinden.

Clara Baesecke wurde 1996 in München geboren. Im Alter von sieben Jahren erhielt sie ihren ersten Cellounterricht bei Michael Weiß. 2011 wechselte sie zu Rupert Buchner (Bayerisches Staatsorchester). Seit dem Sommersemester 2016 studiert sie bei Prof. Konstantin Heidrich an der Universität der Künste Berlin. Darüber hinaus nahm sie an zahlreichen Meisterkursen teil, unter anderem bei Guido Schiefen, Wen-Sinn Yang und Lluís Claret.

Sie hatte das Glück, in eine Künstlerfamilie geboren zu werden. Ihre Eltern Hedwig Rost und Jörg Baesecke führen die höchst originelle Kleinste Bühne der Welt, die aus Erzählung, Agogik und Objekten einen faszinierenden Mikrokosmos aus mehr als hundert Klassikern in Kurzfassung, Abenteuergeschichten und der mündlichen Tradition, also Volkserzählungen, unbekannten Märchen, Balladen und Sagen, entfaltet. Hedwig Rost spielt zudem Geige und führte ihre Tochter Clara schon früh an die Musik heran. Mit zahlreichen Preisen in der Solowertung des Wettbewerbs »Jugend musiziert« gelang ihr bereits als junges Mädchen ein glanzvoller Einstand in der musikalischen Welt.

Nach ihrem Abitur engagierte sich Clara einige Monate als Cellolehrerin im Musik- und Sozialprojekt »Niños en Armonía« in Mar del Plata/Argentinien.

Seit 2010 ist sie Mitglied der Neuen Philharmonie München, in der sie auch als Stimmführerin tätig war. Im Sommer 2013 trat sie als Solistin mit Haydns Cellokonzert C-Dur in Deutschland, Italien und der Schweiz auf. Baesecke nahm auch an mehreren Arbeitsphasen des Bundesjugendorchesters in den Jahren 2013 und 2014 teil. Außerdem wirkte sie auf Einladung des Goethe-Instituts Mexiko im »Orquesta Juvenil Centroamericano y del Caribe« (Jugendorchester von Zentralamerika) in Honduras mit. Im Sommer 2016 spielte sie in München die Uraufführung des für sie geschriebenen Cellokonzerts der Komponistin Katharina S. Müller.

Die Süddeutsche Zeitung lobte die »samtene Eleganz« Baeseckes, vor allem aber überzeugt das selbstverständliche Selbstbewusstsein und die Fülle und Kraft ihres Vortrags.

Foto © Feuilletonscout

Feuilletonscout: Erinnern Sie sich an das Erwachen Ihrer ersten musikalischen Empfindungen?
Clara Baesecke: Als ich zehn Jahre alt war, habe ich eine CD mit dem Dvorak-Cellokonzert geschenkt bekommen, mit Jacqueline du Pré. Das war glaube ich auch so ziemlich die erste CD, die ich selbst besessen und gehört habe. Und zwar bestimmt dreimal am Tag, weil ich sie so sehr geliebt habe. Dabei habe ich etwas ganz Entscheidendes begriffen: Nämlich, was Leidenschaft bedeutet, wie man die Musik wirklich tief empfinden kann. Da hat sich dann auch gleichzeitig ein Schalter umgelegt für mein eigenes Musizieren.

Feuilletonscout: Wie gestaltete sich der Einfluss Ihrer Eltern Hedwig Rost und Jörg Baesecke und ihres Theaters auf Ihre musikalisch-künstlerische Entwicklung?
Clara Baesecke: Ich habe sicher viel von meinen Eltern profitiert. Auch, aber bei weitem nicht nur im musikalischen Sinne. Wir haben viel gesungen und meine Mutter hat mir auch entscheidend beim Üben geholfen. Aber vor allem habe ich gelernt, genau hinzuschauen und zu –hören, Geschmack und ein Gespür für Ästhetik zu entwickeln. Als Kind habe ich sehr viel gemalt und wollte auch lange Malerin werden, das war mehr der Bereich meines Vaters. Ich hatte eine sprühende Fantasie, die ich in anderem Umfeld vielleicht nicht so gelebt hätte. Zum Beispiel habe ich mir, oft auch mit meinen Freundinnen, über Jahre hinweg komplexe Fantasiewelten ausgedacht, inklusive den dazugehörigen Sprachen und Schriften, und natürlich alles immer auch gemalt. Gewöhnliche Spielsachen habe ich eigentlich kaum gebraucht. Zu allem beigetragen hat bestimmt auch, dass ich viel von der Arbeit meiner Eltern gesehen habe, sowohl die Entstehung zu Hause als auch das Ergebnis auf der Bühne. 

Feuilletonscout: Mit welchem Unterrichtswerk haben Sie gearbeitet, und welches würden Sie heute für Ihre Schüler verwenden?
Clara Baesecke: Ich selbst habe nur ganz kurz mit einer Schule gelernt, nämlich Saßmanshaus’ »Frühem Anfang auf dem Cello«. Und schon bald nur noch einzelne Stücke von meinem Lehrer bekommen. Für meine eigenen Schüler heute? Da gibt es natürlich kein Universalrezept, was für jeden passt. Es hängt sehr stark zum Beispiel vom Alter ab. Vor einiger Zeit habe ich selbst mal eine Schule zusammengestellt, eine Mischung aus sämtlichen mir irgendwie zur Verfügung stehenden Materialien. Ursprünglich war sie auf Spanisch, weil für das Musikprojekt in Argentinien gedacht, in dem ich gearbeitet habe. Mittlerweile habe ich sie wieder zurückübersetzt, um sie auch hier verwenden zu können. Allerdings sollte der Schüler zumindest zuverlässig lesen können, früher würde es wenig Sinn machen. Außerdem habe ich für die argentinischen Kinder bewusst auf deutsche Lieder mit Texten etc. verzichtet, die den Hauptbestandteil der Schulen hier bilden. Aber gerade für kleinere Kinder in Deutschland sind diese wiederum hilfreich.

Feuilletonscout: Wie waren Ihre Erfahrungen als Cellolehrerin im Musik- und Sozialprojekt »Niños en Armonía« in Argentinien?
Clara Baesecke: Man hat sich das Projekt folgendermaßen vorzustellen: Kinder, die in sehr einfachen Verhältnissen in Vororten der Stadt Mar del Plata leben, werden nach der Schule ins Zentrum des Projekts gebracht. Nach dem gemeinsamen Mittagessen erhalten sie dort kostenlosen Musikunterricht, nebenbei auch Unterstützung bei Hausaufgaben und Dingen des Alltags. Inzwischen gibt es mehrere Orchester auf unterschiedlichen Niveaustufen, die regelmäßig bei Konzerten in der Umgebung oder in Buenos Aires, sogar im berühmten Teatro Colón, auftreten. Sinn und Ziel ist vor allem, den Kindern eine Perspektive zu schaffen, denn neben dem bloßen Spielen eines Instruments findet ganz viel Lernen auf anderer Ebene statt. Und das ist auch das, was ich in erster Linie von meiner Zeit dort mitgenommen habe: die Erkenntnis, dass die klassische Musik viel mehr kann und ist als elitäre Unterhaltung, als die ich sie hier leider manchmal empfinde. Sie besitzt noch ganz anderes Potenzial, sie kann Medium sein, um Menschen aufblühen zu lassen, sie zu verbinden und zusammen zu wachsen. Ich habe gesehen, wie wertvoll gerade für diese Kinder die Zuwendung ist, die sie im Einzelunterricht bekommen, und auch das wunderbare Gefühl, durch die Konzerte gemeinsam etwas Großes zu erreichen. Das zu erleben, war unglaublich schön und bereichernd für mich. Als ich, gerade aus Argentinien zurückgekommen, das erste Mal wieder einen deutschen Konzertsaal betreten habe, hat mich das erstmal seltsam befremdet. Ich hatte nach meinen frischen Erfahrungen das Gefühl, dass diese Art der »Verwendung« von Musik so sehr an der Wirklichkeit und dem »echten« Leben vorbeigeht, das ich gerade von einer neuen Perspektive aus kennengelernt hatte.

Foto © Feuilletonscout

Feuilletonscout: Halten Sie Programme wie »Zauberflöte für Kinder«, »Schwanensee für Kinder«, »Wagner für Kinder« usw., sei es nun als Vorstellung, sei es als DVD oder CD, für sinnvoll, oder soll man nicht lieber Kinder von Anfang an in reguläre Opern und Konzerte mitnehmen und ihnen normale Konzert-CDs und Opern-DVDs geben?
Clara Baesecke: Das kommt sicherlich sehr auf das Kind an und natürlich auf das jeweilige Programm. Deshalb möchte ich jetzt lieber von meiner ganz persönlichen Erfahrung sprechen als ein allgemeines Statement abzugeben. Das wichtigste ist doch, Kinder neugierig auf die Musik zu machen. Ich hätte mich mit acht Jahren in einem abendfüllenden klassischen Konzert zu Tode gelangweilt, wahrscheinlich hauptsächlich der Länge wegen. Begeisterungsfähig war ich nämlich durchaus. Zum Beispiel hat mein Vater für mich nach und nach alle meine Lieblingsstücke auf eine Kassette gespielt, die wir dann immer auf der Fahrt in den Kindergarten angehört haben. Das war eine sehr bunte Mischung aus den verschiedensten Stilen, vor allem viele folkloristische Stücke, aber auch Klassisches. Dadurch habe ich sehr viel kennen- und liebengelernt. Das Konzept war natürlich sehr genau auf mich zugeschnitten, aber ohne jetzt explizit »kindgerecht« zu sein in dem Sinne, wie es in vielen der von Ihnen genannten Angebote für Kinder versucht wird. Viel später habe ich dann selbst ein paar Mal bei den Kinderkonzerten der Münchner Philharmoniker mitgespielt. Ich glaube, das war ein absolut gelungener Rahmen, Kinder auf herzliche und humorvolle, aber nicht übertrieben kindliche Art und Weise, an klassische Musik heranzuführen.

Feuilletonscout: Gab es ein anderes Instrument, das sie gelernt haben, das für Sie eine Versuchung darstellte oder gar noch darstellt? Und welches Instrument mögen Sie, außer dem Cello, als Hörerin am liebsten?
Clara Baesecke: Bevor ich angefangen habe, Cello zu spielen, wollte ich immer Harfe lernen. Da haben dann meine Eltern vor allem aus logistischen Gründen ein Veto eingelegt und so wurde es dann das wenigstens bisschen leichter zu transportierende Cello. Heute bin ich sehr froh darum, es gibt mir viel mehr Möglichkeiten!

Feuilletonscout: Wie erleben Sie die Entwicklung Ihrer allgemeinen geistigen Interessen in Anlehnung und Widerspruch zu Ihren speziell musikalischen?
Clara Baesecke: Das ist eine Frage, die mich schon viel beschäftigt hat und weiterhin beschäftigen wird. Mit 13 oder 14, als ich angefangen habe, die Musik und auch das Üben so richtig für mich zu entdecken, habe ich versucht, zu 100 Prozent Musikerin zu sein und mich auch eigentlich nur als Musikerin definiert: Ich habe sehr viel Musik gehört, Fotos meiner Stars an die Wand gehängt oder in meinen Cellokasten geklebt und zum Beispiel im Kunstunterricht in der Schule keine Gelegenheit ausgelassen, in meinen Bildern in irgendeiner Form ein Cello vorkommen zu lassen. Da wollte ich mich deutlich abgrenzen von der Flut an sehr allgemeinem Lernstoff der Schule. Nach einer langen Cello-Krise rund um das Abitur habe ich dann ein neues Verhältnis zur Musik entwickelt. Heute sehe ich mich zu allererst als Clara, von der natürlich ein sehr bedeutender Teil Musikerin ist. Aber da sind eben auch noch andere Dinge. Und gerade jetzt, wo ich mich hauptsächlich mit Musik auseinandersetze, brauche ich diesen Ausgleich oder die Herausforderung für den Kopf besonders. Ich fühle mich einfach unbefriedigt, wenn das viele Andere, das in mir steckt, ganz auf der Strecke bleibt. Und wenn ich die Gelegenheit habe, mich vielseitiger zu betätigen, bin ich umgekehrt auch viel frischer für das Cello. Ich kann mich der Musik wieder mit vollkommen anderer Freude zuwenden und spüre, dass es das ist, was ich am liebsten tue!

Feuilletonscout: Empfinden Sie das Cello als männlich oder weiblich? Als Bruder/Schwester, Freund oder erweitertes Ich?
Clara Baesecke: Das Cello ist eindeutig Freund. Vor allem als Kind habe ich es sehr stark als Person empfunden. Da gab es zum Beispiel mal ein heftiges Gewitter, bei dem es Angst bekommen hat und dann in meinem Zimmer schlafen durfte, während es sonst immer im Wohnzimmer lag. Außerdem hatte es eine Stimme und hat mich immer gerufen, wenn es bespielt werden wollte.

Feuilletonscout: In welcher Konstellation – Solo, Duo, Quartett, Orchester, Oper – spielen Sie am liebsten und warum?
Clara Baesecke: Jede Art von Musizieren hat natürlich ihr Schönes. Aber besonders gerne mache ich Kammermusik. Erst mal stimmt da genau das Maß an Verantwortung oder Bedeutung: Man hat nicht den Stress eines Solisten, aber geht trotzdem nicht so unter, wie es als Tuttistreicher im Orchester schon vorkommen kann. Aber das wirklich Besondere bei der Kammermusik ist, natürlich vorausgesetzt, man musiziert mit passenden Partnern, der Austausch, die Kommunikation. Da findet ein Geben und Nehmen statt. Es sitzt jemand gegenüber, der fordert, der wartet und dann deine Impulse, deine Energie oder Aussagen aufgreift und weiterentwickelt. Und umgekehrt bekommt man auch eine ganz besondere Art der Inspiration. 

Feuilletonscout: Sie haben das Erste Cellokonzert von Katharina Müller uraufgeführt. Vor nicht allzu langer Zeit hat die Komponistin hier im Feuilletonscout berichtet, wie das Werk in Zusammenarbeit mit Ihnen entstanden ist. Wie war es für Sie, dieses geniale und völlig neuartige Stück aus der Taufe zu heben?
Clara Baesecke: Es war ein total schönes Gefühl! In dem Stück steckt so viel Persönliches, wie in keinem anderen für mich: Abgesehen davon, dass zum Beispiel mehrmals mein Name hineinkomponiert wurde, verbinde ich so viele gemeinsame Erlebnisse damit. Vom damals fast noch kindlich eifrigen Fantasieren und Experimentieren vor schon einigen Jahren bis zu unseren intensiven Wochenenden, an denen dann die konkreten Ideen großteils entstanden sind. Es steht in erster Linie für unsere Freundschaft und es war und ist eine Ehre für mich, dieses Konzert auf die Bühne zu bringen. 

Foto © Feuilletonscout

Feuilletonscout: Müllers Cellokonzert agiert auf mehreren Komplexitätsebenen, ist zudem meisterhaft instrumentiert, agogisch höchst abwechslungsreich und steckt voller Anspielungen auf Formen und Werke der Musikgeschichte. Wie fühlt es sich eigentlich für die Cellistin an, ein solch avanciertes Werk zu spielen, im Gegensatz, sagen wir, zu Haydn, Boccherini oder Schumann? Katharina Müller hat ja zudem die Gabe, Werke zu schaffen, von denen man das Gefühl hat, es hätte sie immer schon gegeben. Ist es schwerer oder leichter als ein Klassiker? Müssen Sie sich sehr konzentrieren, oder läuft es von selbst?
Clara Baesecke: Schwerer oder leichter – schwierig zu sagen! Bei einem ganz neuen Stück gibt es logischerweise erst mal keine Anhaltspunkte wie Aufnahmen, keinen Vergleich, man steht gewissermaßen alleine da. Auch mit den Vorteilen, die das hat: Man ist ganz frei, es gibt noch keine »Regeln« oder Traditionen zu diesem Stück, an die man sich entweder bewusst hält oder denen man sich widersetzt. Und dabei immer gleich auch ein Statement abgibt. Vor allem bei Alter Musik teilen sich ja die Meinungen sehr stark. Allerdings ist es im Fall des Müller-Cellokonzerts vollkommen falsch, zu sagen, dass ich auf mich selbst gestellt war. Im Gegenteil: Ich hatte die Expertin auf meiner Seite! Das hat mir sehr geholfen, das Stück zu verstehen und mich auch beim Spielen sicherer zu fühlen, weil ich dann irgendwann wusste: Genau so und nicht anders soll diese Stelle sein. Aber natürlich hatte ich trotzdem Raum für meine Ideen, wir standen ja in ständigem Austausch. Unser Verhältnis war während der Entstehungszeit ein bisschen so, wie ich es vorher über Kammermusik gesagt habe. Gegenseitige Unterstützung und Inspiration.

Foto © Feuilletonscout

Feuilletonscout: Die Zusammenarbeit zwischen Katharina Müller und Ihnen erinnert natürlich an jene zwischen Schostakowitsch und Rostropowitsch. Dürfen wir uns auf weitere von Ihnen gemeinsam entwickelte Projekte freuen?
Clara Baesecke: Es wird tatsächlich im nächsten Sommer eine Wiederaufführung des Cellokonzerts geben! Wir sind beide sehr glücklich, dass das geklappt hat. Und was ganz neue Projekte angeht: Ich glaube, ich kann da auch für Katharina sprechen, dass wir dazu absolut motiviert sind. Wir hoffen auf einen konkreten Anlass, den es dazu doch braucht.

Feuilletonscout: Wie würden Sie Ihr persönliches Verhältnis zur Musik charakterisieren?
Clara Baesecke: Ich würde zuerst einmal sagen, es ist sehr bunt, vielseitig, leidenschaftlich! Da ist leidenschaftliche Liebe und Begeisterung – und die Musik inspiriert mich ganz in der Tiefe. Ich kann mich so gut identifizieren und verbinden, und umgekehrt habe ich das Gefühl, dass sie mich als Person zum Strahlen bringt. Aber Leidenschaft kann auch negativ sein, an manchen Tagen lässt mich die Musik leidenschaftlich verzweifeln oder frustriert sein. Manchmal fremdeln wir auch und sie lässt mich ganz kalt. Allerdings bin ich mir sicher, dass genau das menschlich ist und damit auch in Ordnung. Aber wie gesagt versuche ich immer, mich nicht durch unser nahes Verhältnis allem anderen zu verschließen, wie es in jeglicher Form von enger Beziehung leicht passieren kann. Ich bemühe mich, offen und sensibel auch für ganz andere Aspekte des Lebens zu sein, die mich auf völlig unterschiedliche Weise wachsen lassen und schlussendlich auch als Musikerin bereichern. 

Feuilletonscout: Wie fühlen Sie sich in der Musikbranche?
Clara Baesecke: Ich sehe mich mit meiner Biographie und Sichtweise als eher untypischen Teil der Branche. Oft stört es mich, wie stark man als Teil dieser – aber wahrscheinlich jeder – Branche pauschalisiert wird. Sogar im persönlichen, privaten Umgang wollen mich manche nur als Musikerin sehen und versuchen gar nicht, wahrzunehmen, wer ich eigentlich bin. Das weckt das enttäuschende Gefühl, nicht oder nur sehr unvollständig verstanden zu werden. Manchmal frage ich mich, ob ich überhaupt dazu gehöre, vielleicht will ich es nicht einmal. Auf der anderen Seite aber ist genau das Chance und Potenzial: die andere Perspektive oder Herangehensweise, der andere Hintergrund, auch wenn es oft herausfordernd ist, dazu zu stehen. Und das Suchen, das Zweifeln, die Umwege – vielleicht bringen sie einen ganz woanders hin, als man das jemals hätte planen können. Aber nach allen »Ausflügen«, sei es in Abgründe von Frustration oder ausgiebige Glücksmomente in vollkommen musikfernen Zusammenhängen, merke ich: Letztlich bin ich doch in der Musikwelt zu Hause!

Vielen Dank, Clara Baesecke!

 

Alle Fotos © Feuilletonscout/Stephan Reimertz
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