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Ein Moment mit … Leon Düvel von den „Gorillas“

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Ein Moment mit ... Leon Düvel von den "Gorillas"
Foto: David Baltzer

Seit fast 20 Jahren machen „Die Gorillas“ Improvisationstheater (s. Feuilletonscout v. 20.8.2014), seit 2001 laden sie jährlich Impro-Theaterfreunde aus aller Welt ein, um beim IMPRO-Theaterfestival 10 Tage lang die Bühne rocken zu lassen. Im Gespräch mit dem Feuilletonscout erzählt Gorilla Leon Düvel darüber, warum man Impro-Theater macht und was man dabei über sich selbst lernt.

Feuilletonscout: Es gibt Schauspieler, die träumen davon, einmal Hamlet sein zu dürfen. Warum machen Sie Improvisationstheater?
Leon Düvel: Als ich vor vielen Jahren einige Theater-Inszenierungen, z.B. den vierstündigen Kirschgarten in der Schaubühne gesehen habe, habe ich aufgehört, davon zu träumen. Das war viel zu lang, verkopft und wenig unterhaltsam. Mein Weg ging schon vorher zum Entertainment, zum Variete und zur Comedy. Heute ist das Improvisations-Theater eine schöne Verknüpfung von beidem. Ich mache Impro-Theater, weil es auf die Zusammenarbeit ankommt.

Feuilletonscout: Bevor Sie auf die Bühne gehen, wissen Sie noch nicht, was Sie erwartet. Haben Sie Lampenfieber, Angst, dass Ihnen plötzlich nichts mehr einfällt?
Leon Düvel: Ja hoffentlich ! Wenn nicht, wird‘s Routine und das wäre der Tod der Improvisation.

Feuilletonscout: Verfluchen Sie manchmal die Einfälle Ihres Publikums?
Leon Düvel: Zu Beginn meiner Impro-Karriere schon: Klo, Sauna. Immer dasselbe. Auf die Frage: „Geben Sie mir eine Beziehung?“ kommt immer „schwul“. Heute weiß ich, dass der Zuschauer auch unter einem gewissen Druck steht, wenn er/sie sich meldet. Und man deshalb einiges verzeihen sollte. Im Endeffekt kann man aus allem was machen, oder auch nicht.

Feuilletonscout: Sie machen nicht nur selbst Theater, sondern lehren auch die Kunst des Improvisationstheaters in Coachings und Workshops. Sehen Sie sich mehr als Trainer oder als Schauspieler?
Leon Düvel: Weil ich beides mache, macht mir auch beides viel Spaß ! Denn das Eine wird immer wieder vom Anderen beeinflusst. Was ich lehre, sollte ich auch spielen und was ich spiele, sollte ich lehren. Gerade die Schwierigkeiten auf der Bühne haben mich zu einem guten Lehrer gemacht.

Feuilletonscout: Was ist der Unterschied zwischen Menschen, die freiwillig zu Ihnen kommen, um von Ihnen zu lernen und denen, die Sie in Unternehmen antreffen, um mit Ihnen dort so genannte „soft skills“ zu trainieren?
Leon Düvel: Oft ist es der Enthusiasmus, der den Mitarbeitern fehlt, wenn Sie „gebeten“ wurden mit uns zu trainieren. Mein Job ist es, den herauszukitzeln, zu entfachen. Es ist auch ein anderer Druck da, mit Kollegen zu improvisieren, als mit erst mal fremden Menschen. Wenn es gelingt aber umso befreiender: die Kollegen mal in ganz anderen Rollen zu erleben, mit Ihnen zu lachen und auch bei sich neue Potentiale zu entdecken. Wir bringen Sie dazu, die Anderen vorurteilsfrei wahrzunehmen und Angebote zu akzeptieren. Mal zu führen und mal zu folgen. Die beste Teambuilding-Maßnahme, die ich kenne.

Feuilletonscout: Lernen Sie bei Ihrer Arbeit – ob als Schauspieler auf der Bühne oder als Lehrer – auch etwas über sich selbst?
Leon Düvel: Ja, unbedingt. Als Trainer lerne ich, die Nummer 1 zu sein. Das war am Anfang nicht leicht. Aber weil es sein musste, ich quasi eine Erlaubnis bekam umso wichtiger. Ich habe über mich gelernt, dass es mir Spaß macht, diese Macht zu haben. Als Impro-Schauspieler lerne ich fast alles, was ich im „normalen“ Leben auch brauche. Ich muss Verantwortung übernehmen, ich muss mich entscheiden, ich muss die Angebote der Kollegen annehmen. Ich lerne auch, die Lust an einer gemeinsamen Phantasie zu entdecken. Über mich habe ich gelernt, dass ich das wahrscheinlich mein ganzes Leben noch lernen muss. Was ich nur auf der Bühne brauche, ist ein gewisser Narzissmus, sich zu zeigen. Den kann man nicht lernen, den muss man haben oder jedes Mal neu erzeugen.

Feuilletonscout: 2001 haben Sie das internationale IMPRO Festival ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?
Leon Düvel: Nachdem ich mit meinem Kollegen Christoph Jungmann im Jahre 2000 in Seattle auf einem Festival der Impro-Gruppe „Unexpected Produktion“ war, kam die Idee in Gruppe, selbst so etwas zu veranstalten. Alle waren begeistert und bis heute ist es eine spannende Zeit, die uns aus der Routine holt. Wir improvisieren mit Schauspielern aus der ganzen Welt und in anderen Sprachen. Wir verständigen uns mit dem Körper und so entstehen berührende Geschichten. Wir lernen von den Gästen und zeigen unseren Zuschauern mal ganz andere Wege der Improvisation.

Feuilletonscout: Ist es nicht manchmal schwierig, Impro-Theater in verschiedenen Sprachen zu machen? Was macht den Reiz aus, mit internationalen Kollegen zu spielen?
Leon Düvel: Gerade das Fremde macht den Reiz aus. Zu erkennen, dass es trotzdem geht. Wege der Verständigung zu suchen. Oft über das Englische hinaus. Und wir lernen viel über andere Kulturen. Am besten vor Publikum als Gemeinschaftserlebnis !

Feuilletonscout: Als Improvisationskünstler haben Sie keinen Nine-to-Five Job. Was treibt Sie an?
Leon Düvel: Eben das.

Feuilletonscout: Was ist Ihr größter schauspielerischer Traum?
Leon Düvel: Eine berührende ernste Rolle zu spielen. Auf der Bühne in einen „Flow“ zu kommen. Nicht mehr zu denken, nur zu sein. Passiert immer öfter…

Feuilletonscout: Was sollen die Menschen von Ihnen und/oder Ihrer Kunst in Erinnerung behalten?
Leon Düvel: Am besten pro Abend eine Rolle, ein Song oder einfach eine Geste .

Feuilletonscout: Was wären Sie geworden, wenn nicht Schauspieler?
Leon Düvel: Schwer zu sagen. Wahrscheinlich Bootsverleiher.

Vielen Dank, Leon Düvel, für das Gespräch!

Die Gorillas.
Improvisationstheater Berlin.
Alle Infos, Spielplan und Tickets: hier

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