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!Tipp: „Magnificat – Breslau und Berlin“ mit dem großartigen Hugo-Distler-Chor Berlin

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Das Doppelkonzert des Hugo-Distler-Chors Berlin mit dem NFM Leopoldinum Orkiestry Kameralnej aus Breslau setzt ein Zeichen für gegenseitiges kulturelles Verstehen und  gegen politische und gesellschaftliche Konflikte.

stefan-schuck_zugeschnFeuilletonscout: Herr Schuck, Sie sind Dirigent des Hugo-Distler-Chors. Wie entstand die Idee zu dieser Kooperation?
Stefan Schuck: Die Idee einer Kooperation hängt mit dem Status Breslaus als Kulturhauptstadt Europas 2016 zusammen, was ja schon lange bekannt ist. In meiner Programmgestaltung ist mir immer wieder das Verbindende, das die Musik, und gerade die Chormusik schafft, besonders wichtig, natürlich auch auf politischer Ebene. Eine gute, selbstverständliche Beziehung zwischen Deutschen und Polen ist auch nach so vielen Jahren des Friedens noch immer nicht alltäglich und wird mit den aktuellen politischen Entwicklungen des erstarkenden Rechtsnationalismus in beiden Ländern nicht gerade leichter. Mit unserem Konzert wollen wir einen winzig kleinen Beitrag dazu leisten, dass ein kollegiales und freundschaftliches Miteinander zwischen den Nationen noch ein klein wenig normaler wird und das beide Seiten die Begegnung auf Augenhöhe wahrnehmen. Im professionellen Kammerorchester NFM Leopoldinum Breslau haben wir einen musikalisch interessanten Partner vor Ort gefunden, der wie der Hugo-Distler-Chor nationale Traditionen und internationale Offenheit pflegt. Bei diesem Vorhaben unterstützte uns die Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit großzügig.
Leider sind diese nationalen Tendenzen nicht nur bei uns und im Osten Europas zu Gange, sondern auch im äußersten Westen, in England deutlichgemacht durch den Brexit.  So entstand die Idee, eine musikalische Brücke zwischen den ehemals verfeindeten Nationen zu bauen, die, nachdem sie gerade in Respekt und Freundschaft Schritte aufeinander zu gemacht hatten, jetzt wieder dabei sind, voneinander abzurücken. Ein verbindendes Element der Nationen ist die Wurzel im christlichen Glauben. In den unterschiedlichen Denominationen des Christentums – Anglikaner, Protestanten und Katholiken, zeigt sich auch die Unterschiedlichkeit der Nationen, denn in allen drei Denominationen haben in der Vergangenheit Gläubige des anderen christlichen Glaubens verfolgt und getötet.

!Tipp: „Magnifica – Breslau und Berlin“

Feuilletonscout: Wie kann die „Magnificat“ dabei helfen?
Stefan Schuck: Der Magnificat-Text ist bis heute, in unterschiedlicher Ausprägung, ein zentrales Gebet in allen christlichen Glaubensrichtungen und stiftet daher Verbindung. Gleichzeitig ist dieser lyrische Lobpreis eines unehelich schwangeren Mädchens seit jeher von erstaunlicher politischer Sprengkraft und Modernität, heißt es doch darin: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen“.
Es war dann ein Zufall, dass mir die Partitur der „Magnificat“-Komposition des englischen Komponisten Tarik O’Regan für Chor und Solo-Saxophon in die Hände fiel – eine ideale Besetzung für den Hugo-Distler-Chor, in dessen Sänger-Reihen eine herausragende junge Saxophonistin ist, die an der Hanns-Eisler-Hochschule ihren Abschluss in klassischem Saxophon gemacht hat: Eine Komposition für die anglikanische Liturgie, die Avantgarde und gregorianische Tradition meisterlich verbindet. Und erstaunlicherweise gibt es ein Magnificat für Chor und Saxophon auch von einem polnischen katholischen zeitgenössischen Komponisten, nämlich von Pawel Lukaszewski, der übrigens beim Konzert in Berlin anwesend sein wird. Er hat zusätzlich noch Streicher und Schlagzeug besetzt, so dass trotz der Parallelen eine ganz andere Klanglichkeit entsteht, hier entrückt, mystisch, wie das Schimmern von rußgeschwärzten russischen Ikonen.
Die musikalische Verbindung – und das geografische Zentrum des internationalen Brückenschlags – schafft das Magnificat von Carl Philipp Emanuel Bach, der sein erstes großes Chorwerk, vermutlich als Bewerbungsstück, hier in Berlin komponierte, ganz aus der protestantischen Tradition und der musikalischen Schule seines Vaters JS Bach heraus, aber gleichzeitig modern und stilistisch weit in die Zukunft weisend.

Der Hugo-Distler-Chor
Erfahrung aus über 60 Jahren und mehr als 40 Sängerinnen und Sänger zeichnen den Hugo-Distler-Chor-Berlin aus. Mit seiner Größe zwischen Kammerchors und sinfonischem Orchesterchor aufgestellt, liegt der Schwerpunkt des Repertoires auf Werken des Barock – ganz im Sinne des Namengebers Hugo Distler (1908 – 1942), der als Komponist in barocken Werken seine Inspirationsquelle fand.

Ich selbst habe den Hugo-Distler-Chor bereits live erlebt und war jedes Mal begeistert. Glasklare Stimmen, ein Händchen für besondere Chorprogramme und Professionalität.
Uneingeschränkte Empfehlung!

Magnificat – Berlin und Breslau
Samstag, 22. Oktober 2016, 20.00 Uhr
Kammermusiksaal der Philharmonie
Herbert-von-Karajan-Straße 1
10785 Berlin

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