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Studio-Weltpremiere: Das Giraud Ensemble Chamber Orchestra spielt Gulda, Prokofiev und Poulenc

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Feuilletonscout Das Kulturmagazin für Entdecker Musik Rezension von Ingobert Waltenberger.

Intelligenter musikalischer Humor ist das Motto dieses Albums des 2015 gegründeten Giraud Ensemble Chamber Orchestra. Unter der musikalischen Leitung von Sergey Simakov hören wir  beim „Concerto for myself“ des Friedrich Gulda  genau die geniale Melange, die wir von diesem geliebten Wiener „Enfant terrible“ erwarten. Kaum zu glauben, dass es sich bei der Aufnahme des Konzerts – 1988 in München uraufgeführt – um eine Studio-Weltpremiere handelt. Jubelnder Big Band Sound mit einem weiße Zähne Strahlelächeln, dann wieder eine romantisch verträumte Kadenz für Klavier à la Mozart (sphärisch aufschwebend der großartige Mischa Cheung am Flügel), gefolgt von E-Bass und Rocksound. Repetitive Rhythmen, eine improvisatorisch würzige Jazznote wirbelt sich wie feiner Zigarrenrauch über allem. Wie andere Gulda-Kompositionen geht auch von diesem 35 Minuten langen viersätzigen Werk eine kindlich verspielte Clubatmosphäre aus. Achtung, das Traumschiff legt ab und fährt kitsch- und sagenumwoben in die Ferne, Wölkchen zwirbeln, Barockklänge mischen sich zum Synthesizer. Nein Udo Jürgens beginnt nicht gleich zu singen und auch der Schwan im See tänzelt (noch) nicht auf Zehenspitzen, eher lugt Richard Clayderman mal eben dezent in die Kabine. Wer von diesen Impressionen nicht abgeschreckt ist, der höre sich das wundervolle Retro-Opus mit den vier Satztiteln „The new in view (then old is new)“, „Lament for u (Aria con variazioni)“, „Of me (free cadenza)“, „For u and u/and you and you, all of me/for all of you….“ an. Unbeschwertes sorgenfreies Glück, wer wünscht sich das nicht für das Neue Jahr. Hier ist es zumindest akustisch zu erleben.

Technik sei Dank, kann der Hörer je nach Vorliebe auch direkt zu Track 5 gehen, wo es diesem hoffnungsvollen Schweizer Ensemble gelingt, die Symphonie Nr. 1 in D-Dur, Op. 25, von Sergey Prokofiev, auch „classique“ tituliert, als einen musikalischen Wirbelwind sondergleichen abzufeiern. Das Stück in dieser quicken Interpretation ist eine einzige Liebeserklärung an das Leben, an Elan und  Optimismus, Zuversicht und das in einem aberwitzigen Tempo, garantiert Schadstoff-frei. Wir stellen die roten Rosen mit Andacht den Duft einsaugend in die Vase. Mögen sie uns lange in ihrer Frische erfreuen.

Bei Francis Poulencs Concerto für zwei Klaviere und Orchester schlägt die Stunde des Klavierduos Yulia Miloslavskaya und Mischa Cheung. Hier begeistern die leichtfüßige Eleganz ihres Spiels, und generell die großstädtischen Klangüberlagerungen, rhythmischen Wandlungen, die balinesischen Anklänge, der wie Champagner perlende Fluss der Musik. Prost, Prost alle miteinander.

Giraud Ensemble Chamber Orchestra
Sergey Simakov conductor | Mischa Cheung piano | Yulia Miloslavskaya piano
Friedrich Gulda: Concerto for myself (world premiere studio recording)
Sergei Prokofiev: Symphonyno No. 1 (Symphonie classique)
Francis Poulenc: Concerto for two pianos and orchestra
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