Zum Inhalt springen

Statt Kino: Die Nachwelt flicht Max Reinhardt manche Kränze

Rating: 5.00/5. From 1 vote.
Please wait...
Film Kulturmagazin Feuilletonscout

Niemand anders als Max Reinhard hat die moderne Theaterregie erfunden. Jetzt ist im Internet ein Porträtfilm von 1973 aufgetaucht, in dem sein Sohn Gottfried durch Reinhardts Theaterwelt führt und viele bedeutende Schauspieler sich an den einzigartigen Zauberer erinnern. Von Stephan Reimertz.

„Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters“, hat Max Reinhard bekannt. „Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiter zu spielen.“ In dem neuentdeckten Film erleben wir seinen Sohn Gottfried und hören die Stimme des Vaters, gewahren, wie stark ihre Stimmen sich glichen, auch wenn die beiden so unterschiedlich ausgesehen haben.

Elsa Wagner, Adrienne Gessner, Elisabeth Bergner, Paul Hörbiger, Attila Hörbiger, Grethe Mosheim:  Wir erleben all die berühmten Schauspieler im Interview, wir sehen aber auch historische Photo- und Filmaufnahmen. „Sein Geheimnis war, dass er seine Schauspieler geschätzt und geliebt hat“, erinnert sich Paul Hörbiger. Wenn man altösterreichische Damen wie Vilma Degischer in ihrem unnachahmlichen Tonfall hört, mag man den Kopf schütteln über heutige Inszenierungen an der Josefstad, wo nichts mehr stimmt. Degischer nennt Reinhardt eine „richtunggebende Persönlichkeit“.

Kurt Bois gibt ein Stück aus einem berühmten Lied vom „Tangogeiger“ zum besten und berichtet von seinem ersten Zusammentreffen mit dem legendären Regisseur und Theaterleiter, bei dem jeder junge Schauspieler arbeiten wollte. Der aus dem jüdischen Bürgertum stammende Künstler verfügte über einen erlesenen Geschmack, an dem wir uns heute noch freuen können, wenn wir Schloss Leopoldskron in Salzburg besuchen, das er sich als Sommerresidenz während der Festspiele herrichtete, oder wenn wir durch das Foyer des Theaters in der Josefstadt in Wien flanieren. In beiden Häusern hat Reinhardt jedes einzelne Möbelstück selbst ausgesucht. Seine stets perfekt gekleidete äußere Erscheinung, sein Charme und sein Zauber stechen nur allzusehr vom Räuberzivil und dem Baader-Meinhof-Habitus heutiger Theaterleute ab.

Ein besonderer Reiz des Films besteht auch darin, dass wir die Reinhardt-Innenräume wie die Josefstadt, Schloss Leopoldkron u. a. zu sehen bekommen. Dann und wann steigt in dieser einzigartigen Filmdokumentation der eine oder andere Schauspieler auf die Bühne der historischen Spielstätte. Vor Max Reinhardt, im späten 19. Jahrhundert war Theater nichts als Kraut und Rüben. Jeder Schauspieler musste sein Kostüm von zu Hause mitbringen. Der Regisseur war nichts als ein „Spielleiter“, wie es damals hieß. Erst Max Reinhardt stellte Schauspiel, Kostüm, Tanz, Bühnenbild, Bewegungsabläufe in den Dienst eine einzigen Kunstidee, synchronisierte das Geschehen. Hugo von Hofmannsthal schreibt: „Reinhardts Kraft sitzt im Zentrum des Komplexes Theater.“

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert