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Robert Schindel: „Don Juan wird sechzig. Heiteres Drama“

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Robert Schindel: "Don Juan wird sechzig. Heiteres Drama"Von Carsten Schmidt

Robert Schindel ist bereits umhängt mit Preisen der österreichischen und deutschen Literatur. Vor allem seine Lyrik wird bewundert. Da überrascht es, dass dieses kleine Büchlein von nicht ganz achtzig Seiten an einer Publikation zunächst scheiterte. Es landete aufgrund seiner Thematik im Don Juan Archiv Wien. Zu diesem Zeitpunkt war es zwar für die Bühne konzipiert, jedoch öffentlich nicht gezeigt worden. Michael Hüttler, Chef des Hollitzer Verlages und ehemals Leiter des Don Juan Archivs, bringt das Buch nun auf den Markt.

In „Don Juan wird sechzig“ kommt neben dem erzählerischen und melodischen Talent Schindels ein Element zum Tragen, das Verleger und Autor vereint: Das Theater. Wie Schindel ist auch Hüttler als Regisseur tätig gewesen, was eventuell dem Entstehen des Buches geholfen hat.

Joseph „Joschi“ Herzog – ein moderner Don Juan – wird kurz vor seinem 60. Geburtstag im Jahre 2004 von Alters-, Lebens- und vor allem Liebeszweifeln heimgesucht. Was ist die wahre Liebe? Hatte er sie, und ließ sie gehen, oder kommt sie noch? Warum konnte er der Liebe nie Beständigkeit an die Seite stellen? Und nun das Alter und die vermaledeite Feier. Sogar seine beste Freundin Silvia sagt ihr Kommen ab.

Da hilft nur das offene Ohr eines treuen Freundes – in diesem Fall Konstantin, (evtl. dem Autor Konstantin Kaiser entsprechend). Der rät Joseph, er solle all seine echten, wahren Lieben noch einmal treffen und prüfen, welche vielleicht doch bis zum dunklen Ende mit ihm ginge.

Dies will Joseph tun und er lässt uns an seinen Erinnerungen teilhaben. Die erste Liebe, Julie, wird uns als glühende Jean Paul Sartre-Anhängerin gezeigt. Im Paris von 1962 musiziert Joseph mit Julie vor einem Café, in dem Sartre und Simone de Beauvoir sitzen. Aus Eifersucht zu Sartre verlässt Joseph seine Julie.

Die zweite Frau, Katharina, sehen wir im liebes-revolutionären Milieu der Berliner Kommune 1 um 1967. Spätestens hier und in den Gesprächen um den Sohn dieser Liebe, Yassir-Ché, erscheinen Spannungen zwischen Zärtlichkeit und Selbstbetrug. Für Joseph steht im Raum: Werfe ich den Frauen vor, was ich selbst tue? Bin ich treu, liebe ich wirklich? – Und somit geht die Suche weiter, ins Prag von 1989 und zu Deborah. Sie nennt sich selbst „Uterustschechin“, da sie im Mutterbauch dem Prager Frühling entfloh.

Die Episode um Deborah ist die stärkste im Drama, eng verwoben und realistisch erscheinen die Worte vom Rabbi Löw, der zu Joseph und Deborah auf dem jüdischen Friedhof spricht. Durch Wunschzettel hatten die beiden ihre Hoffnungen hinterlassen – doch er ermahnt sie: Er könne nicht die von Joseph gewünschte Beständigkeit erbringen, da Veränderung konstant sei. Auch kann er keinen neuen Menschen schaffen (nach Brecht), wie von Deborah erhofft.

Er will jedoch einen Dichter „auf die Burg“ schicken, der den Menschen trotz allem Hoffnung gibt. Vermutlich ist damit nicht Kafka gemeint, sondern (1989) Vaclav Havel.

Die drei Frauen Julie, Katharina und Deborah gelangen in einem gemeinsamen Auftritt in die Gegenwart und die anlaufende Feier zum 60. vom Joseph. Was nun allerdings eine gewisse Maya als vierte, sehr junge Dame mit Joseph macht, wie die Feier ausgeht und was wir über die Liebe noch lernen – sei dem Lesevergnügen nicht vorweggenommen.

„Don Juan wird sechzig“ ist lustig wie eine Operette, jedoch ernst, traumatisch und traurig zugleich. Unterschwellig lagern viele Details – Anspielungen, Intertextualitäten und Symboliken. So ist der von Emma Rendl-Denk gezeichnete Kronleuchter auf der Titelseite sicher nicht zufällig einem jüdischen Menora-Leuchter nachempfunden. Ihre Tuschezeichnungen geben dem Drama eine zierliche, feine Note.

Was bleibt, ist die sprachliche Präzision von Schindel. Meisterhaft sind die individuellen Atmosphären, die er für die Liebenden und ihre intensiven Dialoge schafft. Man kann dem Stück nur wünschen, dass es doch noch an den Bühnen Erfolg hat.

Der Titel dieses Stückes jedenfalls behält Recht. Es ist wirklich ein tolles, „ein heiteres Drama“.

Robert Schindel
Don Juan wird sechzig: Heiteres Drama
Hollitzer Verlag Wien, 2015
„Don Juan wird sechzig: Heiteres Drama“ bei amazon

Coverabbildung © Hollitzer Verlag

 

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