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Menschen mit Musik: “ Zum Heulen schön!“

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Menschen mit Musik

Kolumne von Susanne Falk.

Max Bruchs Musik, so hat es angeblich meine Großmutter einst formuliert, ist so schön, dass die Schlosshunde heulen müssen. Dem ist nicht zu widersprechen, denn erstens widerspricht man Großmüttern prinzipiell nicht und zweitens hatte sie in diesem Fall tatsächlich einmal Recht. Nur hatten wir nie Hunde in der Familie. Aber Katzen brauchen, laut Walt Disney, ja auch „furchtbar viel Musik“.

Meine Schwester sandte mir erst kürzlich den Link zu einem reichlich sentimentalen Popsong von Alicia Keys zu. Wir mussten prompt beide heulen. Ich bin, das gebe ich gerne zu, ziemlich nah am Wasser gebaut. Mich bringt Musik oft und gerne zum weinen. Das kann man auch ganz gezielt einsetzen, wenn man dringend mal den Tränenstaudamm brechen möchte. Da reichen ein paar Takte zu Samuel Barbers „Adagio for Strings“ und es gibt für mich kein Halten mehr. Kein Wunder dass man dieses Meisterwerk gerne auf Beerdigungen spielt. Die BBC hat es angeblich 2004 zum „traurigsten klassischen Stück“ aller Zeiten gewählt. Mein Favorit unter den traurigsten Popsongs ist dagegen „How to Save a Life“ von The Fray.

Aber natürlich gibt es nicht nur Tränen der Trauer sondern auch die der Freude und die kullern ja besonders gerne bei Hochzeiten. Es haben also ziemlich sicher eine Menge Menschen schwerst angerührt Bräuten und Bräutigamen dabei zugesehen, wie sie zu Felix Mendelssohn Bartholdys „Hochzeitsmarsch“ oder Richard Wagners „Brautchor“ aus Lohengrin, der abgenudeldsten Musik aller Zeiten, zum Altar schritten. Und trotzdem rührt einen das, auch wenn man sich freut, wenn Paare überraschend mal was anderes zum Einzug wählen. Da hab ich allerdings auch schon viel Gruseliges gehört, etwa komplett verhunzte Gospelchöre oder, noch schlimmer, Cohens ewiges „Hallelujah“ in deutscher Übersetzung. Das sind dann Gänsehautmomente der anderen Art.

Wer es royal will, der ist bei Jeremiah Clarkes „Prince of Denmark’s March“ gut aufgehoben. Auch ein Klassiker ist „Air“ von Bach. Aber den besten Auftritt hat man natürlich, wenn man zu Marc-Antoine Charpentiers „Te Deum – Prelude“ Einzug hält. Immer noch die schönste aller Fanfaren. Blöderweise hat dann in der Kirche jeder das Gefühl, es kommt gleich „Wetten, dass…?“ und man heiratet Thomas Gottschalk. Man darf aber auch auf Charpentiers Triumphmarsch ausweichen – muss dann aber bitte auch den ganz großen Auftritt hinlegen.

Gar nicht so einfach, das Richtige zu finden. Zum Glück musste ich mir darüber nie Gedanken machen. Unsere Hochzeitsmusik bestand aus der Aufziehspieluhr unseres Kindes und die dudelte ganz leise „When You Wish Upon a Star“, untermalt von starken Schnullergeräuschen. Trotzdem werde ich jedes Mal ganz nostalgisch, wenn ich das Lied höre. Es ist so unfassbar kitschig und dennoch… zum Heulen schön!

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