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Menschen mit Musik: „If It Walks Like a Duck…“

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Kolumne von Susanne Falk.

„Es ist Schubert!“
„Niemals!“
„Aber wenn es nicht Schubert ist, was ist es dann?“
„Vielleicht Mendelssohn?
„Unmöglich! Hör doch mal die Streicher!“
„Bach?“
„Also jetzt werde mal nicht albern…“

Wir sitzen in unserer Küche und spielen schon wieder eines unserer Lieblingsspiele. Es heißt: Dreh das Radio auf und rate. Meistens verpassen wir die Ansage des Stücks, drum können wir nur Mutmaßungen anstellen. Und liegen oft weit daneben, ich etwas weiter als mein Liebster. Die verschärfte Version ist: Errate das Orchester! Und wenn es ganz arg kommt, dann: Errate den Dirigenten!

Nun könnten wir Trottel ja auch problemlos mal eben auf die Homepage von Ö1 schauen, wahlweise in der passenden App scrollen, um zu sehen was sie spielen. Aber wo bliebe da der Spaß? Unsere Kinder kennen das Spiel schon. Egal was es ist, die richtige Antwort lautet meistens Beethoven. Das ist wie bei „Wer wird Millionär“, da ist die Antwort im Zweifelsfall immer C. Statistisch gesehen liegt man mit C am Häufigsten richtig.

Ich liege heute falsch. Mendelssohn? Bach??? Pff! Also wirklich… Das hat eine Menge mit Selbstüberschätzung zu tun. Falks, das sagen wir ohne Untertreibung, sind Besserwisser. Können wir gut, das Besserwissen. Und oftmals liegen wir auch nur haarscharf daneben. Aber vor allem sind wir immer der Meinung, dass wir Recht haben und sagen dies auch gerne laut. Denn: So schwer ist das doch alles gar nicht. If it walks like a duck and talks like a duck…

Das Problem ist, dass heute alle glauben, dass nur sie Recht haben. Da ist das Thema schon egal, es wird nicht mehr verhandelt. Die ganze Welt besteht nur noch aus wahrhaftigen, unumstößlichen Enten. So als hätten wir alle die Weisheit mit unseren goldenen Löffelchen gefressen. Alles Virologen und Germanisten, weil jeder etwas zum Thema Corona-Pandemie und gendergerechte Sprache zu sagen hat. Experten? Wer braucht die denn schon? Geimpft? Bin ich selber. Geschlecht? Hab ich auch eines.

Ich will meinen Telefonjoker anrufen. Der soll mir dann bitte erklären, wann wir aufgehört haben, uns lust- und respektvoll zu streiten. Um dann hinterher beglückt vor dem Radio zu sitzen und mit einer Dose Bier darauf anzustoßen, dass wir beide keine Ahnung hatten. Natürlich war es Beethoven, das Tripelkonzert. Einfach. Schön. Und wahr.

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