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Menschen mit Musik: „Austropopper“

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Kolumne von Susanne Falk.

Ich wohne leider nicht im Gemeindebau. Das täte ich aber gerne. Und das liegt nicht daran, dass Wiens sozialer Wohnungsbau Möglichkeiten für einkommensschwache Familien eröffnet, von denen anderen Städte nur träumen können. Nein, es liegt an Wolfgang Ambros. Ich wäre schlichtweg auch gerne einmal eine „Blume aus dem Gemeindebau“.

Es gibt kein zwiespältigeres Kompliment, als wenn man, wie es im Text so schön heißt, als „schönste Frau von Stadlau“ bezeichnet wird. Stadlau ist ein Teil des 22. Wiener Gemeindebezirks. Der gelernte Wiener bezeichnet das als Transdanubien, sprich, als einen Ort, der über der Donau liegt, vom Zentrum aus gesehen. Für alle Innerstädtischen ist das so ziemlich das Letzte vom Letzten. Da will keiner hin, wenn er oder sie da nicht geboren wurde. Sehr viel provinzieller geht es in der Donaumetropole nicht als eben Stadlau. Hier die Schönste zu sein heißt im Grunde, dass man genauso gut den Schönheitswettbewerb in Hinterbrunzpatschn hätte gewinnen können.

Austropop nennt sich die Stilrichtung, der wir so großartige Hits verdanken wie „Irgendwann bleib i dann dort“ von S.T.S. oder Georg Danzer „Jö schau“. Irgendwann, es war Mitte der 1980er, machte sich der Austropop daran, die Welt zu erobern und Falco landete mit „Amadeus“ einen Welthit. Mittlerweile sind die alten Austropopper alt geworden, haben aufgehört oder sind gestorben. Es hat eine Weile gedauert, aber dann kamen mit Wanda und Bilderbuch neue Bands, die durchaus als legitime Nachfolger der alte Garde gelten dürfen. Austropop hat also seit einigen Jahren wieder Hochkonjunktur.

Nun wird es bald Sommer und die Welt schreit wieder mal nach einem legendären Sommerhit. Doch blicken wir musikalisch zurück, dann braucht man da gar nicht weit zu reisen (vergessen wir also einmal Lateinamerika), um in musikalisch-sommerliche Gefilde vorzudringen. Wenn die Umstände es zulassen, verschlägt es womöglich auch in diesem Jahr einige von uns auf die Strada del Sole, im Gegensatz zu Rainhard Fendrich wahrscheinlich mit Papieren (vor allem einem Impfpass), Geld und einer Freundin ausgestattet. Wer nach Bologna fährt, der hat Wanda im Gepäck oder er jodelt wenigstens gegen einen Salzkammergutberg an mit Hubert von Goisern. Der übrigens aus einer der schönsten Ecken Österreichs stammt, falls noch jemand eine Idee für ein nahes Sommerreiseziel sucht…

Die Popkultur der 1980er hat gar Fürchterliches hervorgebracht (wir denken hier mit Grausen an die Schweizer Band Grauzone und den Song „Eisbär“, den gewisse Personen meines Haushalts bis heute mit Inbrunst sprechsingen und mich so in den Wahnsinn treiben). Aber es gab auch ein paar echte Perlen jenseits der NDW. Und wer in diesem Sommer immer noch nicht reisen darf oder kann, auch wenn ihm oder ihr die Sehnsucht nach Italien die Tränen in die Augen treibt, der nehme sich sein Handy, setze sich auf Stiege IV eines beliebigen Wiener Gemeindebaus und spiele dort ein wenig Ambros.

I mecht von dir nur amoi
A Lächeln kriagn
Du schönste Frau von der Vierer-Stiag’n…

Das hilft. Ganz sicher. Zumindest allen Frauen auf Stiege IV. Dieser Sommer wird ein Hit!

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