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Menschen im Museum: „Pure Ignoranz“

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Menschen im Museum. Kolumne von Susanne Falk

Kolumne von Susanne Falk.

Wir waren in Italien, die ganze Familie. Wir badeten im Meer, wir aßen Unmengen Eis und Pizza und wir genossen das italienische dolce vita nach Kräften. Was wir im Urlaub nicht getan haben: Wir besuchten kein einziges Museum. Das lässt sich nur mit purer Ignoranz begründen. Dafür gibt es keine Entschuldigung – aber eine ziemlich gute Erklärung.

Eine Woche in Triest zu verbringen, ist eine schöne Sache. Zwar weist die Stadt keinen Sandstrand auf, bietet jedoch eine schier unendlich lange Bademeile, die quasi direkt neben der Einfallstraße zur Stadt liegt und von der alle zwanzig Meter Treppen ins klare, saubere Wasser führen. So wurde es zwar nichts mit der Sandburg, was für uns Ostseeerfahrene eindeutig gewöhnungsbedürftig war, aber hatte man sich erst einmal den Umständen angepasst, so dass man, den Einwohnern Triests gleich, sein Handtuch oder seine Bastmatte auf dem Beton auslegte, begann auch schon der Badegenuss. Und keinen Sand in der Poritze zu haben hat ja auch etwas für sich.

Die Kinder haben sich an den Kiosken entlang der Barcola Pineta mit Eis, Brioche und saurem Gummizeug den Magen verpickt und wurden jeden Tag braun gebrannter und verklebter, mit fröhlichen Gesichtern und voller aufrichtiger Begeisterung für jeden Krebs, der ihnen am Kai begegnete. Und wir Eltern genossen es, ins Wasser abzutauchen und im Anschluss daran unsere Kleinen vor dem ganzen ungesunden Zeugs zu bewahren, indem wir es heimlich selbst aufaßen, wenn sie gerade mal damit beschäftigt waren, ihren gigantischen, aufblasbaren Gummihai ins Wasser zu lassen, der das Monster aus Steven Spielbergs Film wie einen harmlosen Guppy aussehen ließ.

So weit, so idyllisch. Triest ist allerdings auch die Stadt der Schriftsteller und Dichter und nicht zuletzt war dies der Grund, warum wir genau dort weilten, nämlich aufgrund eines Stipendienaufenthalts für meine Familie und mich, den wir der Förderung von Schriftstellern und Schriftstellerinnen durch die österreichische Literar Mechana verdankten. Da könnte man ja zu Recht annehmen, wir würden uns etwas Mühe geben und etwa die zahlreichen Schriftstellerstätten Triests besuchen, gewidmet etwa James Joyce oder Italo Svevo. Oder eines der nicht minder sehenswerten Kunstmuseen Triests, etwa das Museum Revoltella oder das Museum für orientalische Kunst. Oder wenigstens das tun, was alle tun, nämlich das Habsburgerschloss Miramare besichtigen. Aber nein, wir lagen, die Bäuche voller Zitronengranite, am Wasser herum und zeigten der Kultur die sonnenverbrannte Schulter.

Nun ist es so, dass Wien, unser Heimathafen, über nahezu unzählige Kunsttempel verfügt, die wir mit den Kindern auch regelmäßig aufsuchen, sowie diverse Schriftstellerwohnungen. (In einer davon leben und wohnen wir immerhin selbst, auch wenn die kein Museum ist sondern ein Heidenchaos, dank der vielen Urlaubswäsche und den Legosteinen, die überall herumliegen und den… Verdammt, Kinder, räumt euer Zeug endlich weg!) Von den vielen Stätten der Habsburgerverehrung Wiens wollen wir an dieser Stelle lieber schweigen. Da kann selbst Triest nicht mithalten. Was Wien jedoch nicht hat, ist ein Ozean vor der Haustür. (Sonst hieße diese Kolumne sicherlich nicht „Menschen im Museum“ sondern „Menschen am Meer“.) Und so Leid es uns tut, liebe Einwohner Triests, das fanden wir an eurer Stadt nun einmal eindeutig am reizvollsten.

Immerhin – einmal haben wir es auf den historischen Leuchtturm geschafft, der in der Tat sehenswert ist und von dem man bis nach Lignano hinüber schauen konnte. Aber das zählt wohl kaum.

Fazit: Die Kultur konnte uns diesen Sommer einmal kreuzweise. Dafür schämen wir uns im Stillen ein wenig, wandern im Geiste aber gerne zurück an die Barcola Pineta und zu dem Kiosk mit den ofenfrischen Brioche und dem guten Kaffee. Und hätten gerne noch ein bisschen länger das Wasser mit unserem Haifisch unsicher gemacht…

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