Zum Inhalt springen

Menschen im Museum: „Der Zauber einer Sommerweihnacht“

No votes yet.
Please wait...
Menschen im Museum. Kolumne von Susanne Falk

Kolumne von Susanne Falk.

Steyr hat eines, Salzburg und Weitersfelden auch und natürlich gibt es ein besonders großes in Rothenburg ob der Tauber: Die Rede ist vom Weihnachtsmuseum. Denn nichts verheißt mehr Weihnachtszauber als an einem heißen Nachmittag im Juli antiken Christbaumschmuck anzuschauen.

Der Mensch kann sich ja schwer trennen von den Dingen die er liebt. Deshalb gibt es Self Storage Keller zum anmieten. Und Friedhöfe. Wir können im Allgemeinen nicht besonders gut loslassen. Das hat sicher etwas mit der Versicherung der eigenen Existenz durch die Anhäufung von Besitz zu tun, respektive mit dem Hadern der eigenen Vergänglichkeit oder der Vergänglichkeit derer, die wir lieben.

Etwas das gleichfalls viele Menschen lieben ist Weihnachten. Nun gut, nicht jeder erfreut sich an Karpfen und Familienstreit unter einem toten Nadelgehölz, aber sei’s drum: Weihnachten ist für viele Menschen etwas sehr Besonderes. Wir fiebern seit August darauf hin, wenn die ersten Spekulatius im Supermarkt an der Kasse verloren herumstehen und wir ihnen, eine Flasche Aperol in der Hand, die kalte Schulter zeigen. Aber die Spekulatiuskekse und Lebkuchenherzen wissen, dass ihr Tag kommen wird! Kaum friert es über Nacht, rennen wir zu Billa, Penny, Spar und Co. und schütten unseren Einkaufskorb mit allerlei Zimtlastigem zu.

Wir lieben es, uns in der Vorweihnachtszeit Gedanken über die Dekoration des Baumes zu machen oder darüber welche Plätzchen wir wohl in diesem Jahr backen werden. (Machen wir dann nur nie, weil wir gar nicht die Zeit dazu haben und freuen uns dann umso mehr über die Kipferl der Oma, die ohnehin, seien wir mal ehrlich, die besten sind. Dagegen können wir mit unseren Energiekugeln mit Marzipan nur abstinken.) Aber wenn wir das tun, ist es draußen kalt und duster und irgendwie vorweihnachtlich. Wer zur Hölle befasst sich denn im Hochsommer mit Weihnachten?

Nun ist es aber so, dass es durchaus Weihnachtsmuseen gibt, die auch im Sommer geöffnet haben. Und auch wenn der Andrang sich in Maßen hält, gibt es offensichtlich Besucher, die sich die volle Weihnachtsdröhnung im schönen Monat Mai geben wollen. Daher die Frage: Wer tut so etwas? Das können unmöglich nur japanische oder amerikanische Touristen sein, für die „Weihnachten made in Austria/ Germany“ eine Art Exportmarke ist. (Eine ganze Menge Weihnachtstraditionen stammen ja schließlich aus dem deutschsprachigen Raum.)

Aber dann kam mir ein Gedanke, der nicht ganz von der Hand zu weisen ist: Wenn wir den Zauber von Weihnachten schon mal in den Sommer vorverlegen, dann fällt auch der ganze Druck weg. Da muss es nicht schneien und wir ums Verrecken weiße Weihnachten haben. Da kann es, so wie jeden Heiligabend auch, zwanzig Grad haben und regnen. Da darf Glühwein auch mal kalt werden (das nennen wir dann einfach mal Zimtsangria), niemand erwartet Geschenke und freut sich dann doch, wenn sie/ er welche bekommt und wir hängen mit Begeisterung Lichterketten auf, weil die in einer Sommernacht genauso hübsch sind wie im Winter. Sie erinnern im Sommern nur etwas mehr an Glühwürmchen. Und, ganz ehrlich: Wer mag denn keine Glühwürmchen?

Es hat also Vorteile, sich im Sommer mit dem Weihnachtswahnsinn zu befassen. Dann ist man bis Jahresende schon mal durch mit dem ganzen Irrwitz und kann loslassen, z. B. die Vorstellung vom perfekten Weihnachtsfest. Das gibt es so nicht, denn es wird immer jemand am Essen herummäkeln, der Kater den Baum umnieten oder das Kind wegen eines falschen Geschenks (und zuviel Zucker) einen Nervenzusammenbruch kriegen. Aber wenn wir im Sommer antike Glitzerkugeln und Erzgebirgsengelchen anschauen, dann ist das alles noch weit, weit weg.

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert