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Martin Walser: „Muttersohn“

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Percy ist Pfleger in einer psychiatrischen Klinik am Bodensee. Aber Percy ist noch viel mehr: Scheinbar Kind einer unbefleckten Empfängnis, schwebt er durch den Raum, spendet Trost und gibt Zuneigung wo sie nötig ist, spricht wie ein Heiliger, ist ein Glaubender, der seine Überzeugungen predigt. Mit dieser eigenartigen Konstellation seiner, trotz großer Leibesfülle, Anmut und Würde austrahlender Persönlichkeit, hat er es sogar bis in die Talkshows geschafft. Daneben gibt es seine Mutter Josefine, die unbeirrt daran festhält, Percy ohne Mann empfangen zu haben und die einst für Ewald Kainz schwärmte, der nun selbsmordgefährdet unter Percys Obhut steht.

Ein Wiedersehen gibt es mit der Novelle „Mein Jenseits“, die Walser im Frühjahr 2010 veröffentlichte und mit der er den Klinikdirektor Prof. Dr. Dr. Augustin Feinlein bereits einführte. Sie taucht hier unverändert wieder auf.

„Gegen Ende des Romans wird es dann doch noch handlungsreich: Es wird munter gestorben, die Erzählstränge werden rabiat zusammengeführt, ohne dass dies seltsamerweise auf Kosten des Lesevergnügens ginge“ so Zeit online. Und weiter: „Mit Muttersohn hat Walser mit bester Laune das Reich der Zeitgenossen verlassen und die Kunstreligion gefunden. Der Dichter ist hier nicht mehr nur […], er ist jetzt gleich Messias und folgt einer radikalen Maxime des Romans: »Ziellos zu erzählen, das ist das, was du tun musst.«“

Süddeutsche online eher kritisch: „Percy, mit einem Wort, ist Jesus. Davor ist Walser nicht zurückgeschreckt, und dafür muss er den Preis entrichten, den alle Schriftsteller zu zahlen haben, die für den Sohn Gottes einen neuen Sitz im Leben suchen: Das göttliche Charisma verfliegt, und der neuzeitliche Roman gelangt sozusagen von Amts wegen nicht über einen ziemlich banalen Menschenkitsch hinaus.“

FAZnet resümiert: „In „Muttersohn“ bündelt Walser nun all seine großen Themen, und das mit einem Intensitäts- und Identifikationsfuror sowie einer Sprachenergie, die alles tut, um die ihn schreckende Kategorie Alterswerk zu sprengen.

 

Martin Walser
Muttersohn
Rowohlt Verlag, Reinbek 2011

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