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Kurzkritik: Heinrich Steinfest „Die Büglerin“

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Von Barbara Hoppe.

Wer „Das Leben und Sterben der Flugzeuge“, diesen rasanten, surrealen letzten Roman von Heinrich Steinfest geliebt hat, sei gewappnet: Sein neuestes Werk „Die Büglerin“ ist genau das Gegenteil. Ganz langsam erzählt der großartige Sprachvirtuose die Geschichte von Tonia Schreiber, die als Tochter von Biologen ihre Kindheit weitgehend auf den Weltmeeren verbringt, bis die Schulpflicht sie im Alter von 14 Jahren in ein Internat zwingt. Nachdem die Eltern tödlich verunglückt sind, ist Tonia reich. Sie, die inzwischen Meeresbiologin geworden ist, bleibt allerdings bescheiden. Als ihre Nichte Emily auf tragische Weise stirbt, gibt sich Tonia die Schuld am Tod des Mädchens. Sie krempelt ihr Leben radikal um, verzichtet auf Ruhm und Geld und wird Büglerin.

Wie Heinrich Steinfest diese selbst auferlegte Strafe Tonias schildert, ist mehr als außergewöhnlich. Die Zärtlichkeit, mit der er den Akt des Bügelns beschreibt, das Rascheln der Wäsche, die Glattheit der Stoffe ist das eine. Wie nuanciert er das Gefühlsleben seiner Heldin sprachlich auffächert, das andere. Sinnlich ist beides. Steinfest ist ein Meister seines Fachs. Dabei gerät die filigrane Geschichte fast zur Nebensache. Denn trotz aller Zurückgezogenheit findet Tonia Menschen, die Teil ihres Lebens werden. Doch in dieser stillen Existenz bleibt die Frage: Warum musste Emiliy sterben und was hat das schwarze Viereck von Malewitsch damit zu tun?

Fazit: „Die Büglerin“ ist ein stilles Drama um Schuld, Sühne und Erlösung mit einer ungewöhnlichen Heldin, das vor allem sprachlich brillant umgesetzt ist.

Heinrich Steinfest
Die Büglerin
Piper Verlag, München 2018
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