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Entdeckungsreisen im hohen Norden

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Finnisches Trio „La Rue“ hilft, jedes Klischee zu revidieren. Von Stefan Pieper 

Musik aus Finnland ist immer melancholisch und schwer? Ein junges, hochmotiviertes Trio aus Finnland revidiert solche Klischees nachhaltig. Auf seiner Deutschlandtournee bot das finnische „Trio La Rue“ eine aufregende musikalische Entdeckungsreise. So nachhaltig und konsequent, dass bei den Auftritten der jungen Finnen einmal mehr das vielbeschworene Etikett „Sternstunde“ wirklich gerechtfertigt war!

Virva Garam, Klavier, Markus Pelli, Violoncello und Susanna Arminen, Violine haben an der Sibelius Akademie ihre bestmögliche Ausbildung erhalten. Ihr Gastspiel in Nordrhein-Westfalen war der hervorragenden Netzwerk-Arbeit der deutsch-finnischen Gesellschaft zu verdanken.

Markus Pellis Celloton wirkt tief geerdet und entbehrt einer gewissen Rauheit nicht. Susanna Arminen verbreitet auf ihrer Violine viel sphärischen Glanz in den hohen Registern. Und wer von Virca Garams so selbstbewusst vorwärtstreibend, artikulierten Spiel in seinen Bann gezogen wurde, der soll sich schon mal den 3. Dezember vormerken. Dann spielt Virva Garam am selben Ort zu einem Klavier-Recital auf.

Trio La Rue
Foto © Stefan Pieper

Aktuell besteht die Stärke der drei darin, sich im Spiel extrem homogen zu einer leidenschaftlichen Stimme zu vereinen. Innig und voller Wärme huldigen die drei zu Beginn dem Namensgeber ihrer Ausbildungsstätte: Sibelius zeigt sich in seinem frühen Trio aus dem Jahr 1886 verblüffend weltläufig. In manchen Passagen könnte Brahms Pate gestanden haben, dann lässt eine leichtfüßige Walzerseligkeit alles andere, nur keine nordischen Weiten assoziieren. Auch in der Gegenwart saugen junge finnische Komponisten alle Strömungen auf und machen etwas faszinierend eigenes draus. Aus Juha T. Koskinen gerade erst uraufgeführten Pianotrio schöpfen die Finnen ein feinnerviges Geflecht aus motivischen Mikroorganismen. Da treten unmittelbare Klangereignisse in Dialoge, tragen strenge Zwölftonpassagen und Kontrapunkte den Geist der Zweiten Wiener Schule extrem sinnlich ins Heute. Ebenso mutig setzte Joonas Kokkonen in einer Komposition aus dem Jahr 1948 die Töne. Ob das Entstehungsjahr für die latent dunkle Magie verantwortlich ist, welche das Trio La Rue hier so eindrücklich zu inszenieren weiß?

Einmal so in Fahrt, sorgten die drei in Ravels Trio aus dem Jahr 1914 für großes, sinnliches, Hörkino. Um dann den beglückt-dankbaren Applaus im Recklinghäuser Ruhrfestspielhaus mit einer weiteren Sibelius-Zugabe, die jetzt sogar einmal melancholisch und introviert sein durfte, zu beantworten.

 

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