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Eine Königin zuviel

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Feuilletonscout TheaterAm Donnerstag hatte im Gärtnerplatztheater in München die Oper Maria Stuarda von Gaetano Donizetti Premiere. Die musikalische Adaption von Friedrich Schillers Trauerspiel überzeugte szenisch wie musikalisch und begeisterte das Publikum. Von Stephan Reimertz

Das welthistorische Duell zwischen der englischen Königin Elizabeth I. und ihrer schottischen Rivalin Maria Stuart erscheint als die größte Konfrontation zweier Frauen seit dem Streit zwischen Brunhild und Kriemhild. Bereits 1663 inspirierte es den italienischen Schriftsteller Giovanni Franscesco Savaro zu einem Stück, auf das zahllose Theaterstücke, Opern, Ballette, Oratorien und Lieder folgten. Man denke nur an die Oper Elisabetta von Gioacchino Rossini von 1815 oder das »Ballet d’action« Marie Stuart von Louis Alexandre Piccini aus demselben Jahr. Auch Richard Wagner und Robert Schumann haben dem Thema Lieder gewidmet. Das Musical Maria Stuart, Königin der Schotten von Thomas Blaeschke von 2008 ist das vorerst letzte Erzeugnis, das sich mit der tragischen Konfrontation der beiden machtbewussten Frauen beschäftigt.

Überraschende musikalische Schönheiten

Gaetano Donizetti hat sich in seine Opern gleich drei Mal Elisabeths angenommen. Anna Bolena brachte ihm im Jahre 1830 den Durchbruch als Opernkomponist. Im Jahre zuvor hatte er Elisabetta al castello di Kenilworth komponiert. 1837 folgte Roberto Devereux. 1830 übersetzte Giuseppe Verdis Mitarbeiter Andrea Maffei Schillers 1800 uraufgeführtes Trauerspiel Maria Stuart in Italienische. In den 1820er und 1830er Jahren brach im französischen und italienischen Theater eine Elisabeth- und Maria-Stuart-Epidemie aus. Donizettis Meisterwerk strafft die Handlung gegenüber Schillers Schauspiel noch und erreicht ein modellhaftes musikalisches Drama mit einer einfachen, sinnfälligen Handlung und immer wieder neuen überraschenden musikalischen Schönheiten.

Matija Meić (Sir William Cecil), Jennifer O’Loughlin (Maria Stuarda), Levente Páll (Georg Talbot), Elaine Ortiz Arandes (Anna Kennedy), Lucian Krasznec (Graf Leicester), Nadja Stefanoff (Elisabetta), Statisterie / © Christian POGO Zach
Den Kern des Dramas freilegen

Das Premierenpublikum, das am Donnerstag der neuen Produktion im Münchner Gärtnerplatz lauschte, dürfte in seiner Mehrheit noch Kurt Meisels Inszenierung von Schillers Drama am Residenztheater gesehen haben, in der sich in den frühen achtziger Jahren Ursula Lingen als Elisabeth und Christine Ostermeier als Maria gegenüberstanden. Dem Regisseur Meisel gelang eine elegante Reduktion auf den Kern des Dramas, die der Regisseur Michael Sturminger nun auf der Opernbühne fortsetzte, unterstützt von Co-Regisseurin Ricarda Regina Ludigkeit sowie Andrea Donhauer und Renate Martin, die mit ihrer geschickt genutzten Drehbühne und den zwischen Renaissance und Donizettis Zeit changierenden Kostümen dazu beitrugen, das Zentrum des dramatischen Konflikts freizulegen.

Das Publikum jubelte

Nadja Stefanoff als Elisabetta gab stimmlich und dramatisch eine grandiose Vorstellung. Jennifer O’Loughlin als Maria Stuart stand ihr in nichts nach. Königin Elisabeth muss sich fragen, ob sie königliches Blut vergießen kann, um eine Rivalin aus dem Weg zu räumen, oder ob sie damit Schleusen öffnet, Ströme von Blut freisetzt, die sie selbst und die königliche Familie hinwegspülen werden. Die Geschichte hat auf diese Frage ihre Antwort gegeben. Vergossenes königliches Blut kam stets millionenfach über die Untertanen. Gaetano Donizettis Meisterwerk stand lange im Schatten seiner eigenen kurz darauf uraufgeführten Oper Lucia di Lammamoor. Inzwischen aber hat Maria Stuarda sich freigekämpft und ist als eines der großen Werke der Oper des neunzehnten Jahrhunderts durchgesetzt. Allein im Jahre 2018 erfährt das Werk 42 Aufführungen von sieben Produktionen in sieben Städten, darunter fünf Premieren, alle in deutschen Landen. Die Münchner Produktion ist ein diszipliniert durchgearbeitetes und schwungvoll aufgeführtes Glanzstück und kann sich sehen und hören lassen. Anthony Bramali und das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz hatte, wie alle anderen Mitwirkenden, den Jubel des Premierenpublikums voll und ganz verdient.

Maria Stuarda
Weitere Aufführungstermine hier

Gärtnerplatztheater
Gärtnerplatz 3
80469 München

 

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