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Ein Moment mit … Carolin Denz zum Deutsch-Georgischen Kulturjahr und was es bedeutet, im Chor zu singen

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Rund 15 Millionen Menschen singen regelmäßig in einem der über 20.000 Chöre in Deutschland. Sie singen leidenschaftlich und vor allem – sie singen gut. So wie Cantus Domus. Gegründet 1996, hat der Chor über die Jahre ein eigenes Profil entwickelt und Fans über die Stadtgrenzen Berlins hinaus gewonnen. 

Feuilletonscout: Carolin, du singst im Chor Cantus Domus, der vor gut 20 Jahren in Berlin gegründet wurde. Mittlerweile seid ihr fest in der Berliner Chorlandschaft etabliert und habt euch auch schon einen Namen über die Stadtgrenzen hinaus gemacht. Euer Repertoire umfasst Stücke von der Renaissance bis zu zeitgenössischen Werken. Und ihr probiert gern ungewöhnliche Formate aus. Für wen ist euer Chor nicht geeignet?
Carolin Denz: Singen ist zunächst einmal für jeden geeignet und wir ermutigen auch unser Publikum immer wieder dazu. Im März nächsten Jahres beispielsweise werden wir die Matthäus-Passion so konzipieren, dass alle Choräle vom Publikum mitgesungen werden können. Jeder darf so einmal das Gefühl erleben, wie viel Spaß es macht, mit anderen gemeinsam zu singen. Was unseren Chor so besonders macht, ist, wie viel Motivation und Leidenschaft jeder mitbringt und in jedes Projekt steckt. Wir haben einen tollen Vorstand, der neben regulären Jobs unglaublich gute Arbeit leistet. Außerdem finden sich zu jedem Projekt Chormitglieder, die beispielsweise beim Kartenverkauf, der Programmheftgestaltung, dem Podestauf- und -abbau etc. mithelfen und sich in großem Maße engagieren. Der Chor besteht für uns nicht nur aus Proben und Konzerten, sondern er ist eine Gemeinschaft, mit der man zusammen wunderbare Momente erleben kann und für die man sich auch in besonderem Maße einsetzt.

Feuilletonscout: Bekannt und beliebt sind eure KonzeptKonzerte. Was muss man sich darunter vorstellen?
Carolin Denz: Das erste KonzeptKonzert haben wir 2008 aufgeführt, bisher sind es schon zehn solcher Konzerte, die wir auf die Beine gestellt haben. KonzeptKonzerte fügen einem Werk weitere Dimensionen hinzu und bieten dem Publikum die Möglichkeit, ein Werk neu und vielleicht auch anders wahrzunehmen. Der Chor verlässt seine gewohnte Aufstellung vor dem Publikum, bewegt sich durch den Raum und nimmt unterschiedliche Positionen ein, die so verschiedenste Klangergebnisse erzielen. Des Weiteren arbeiten wir oft mit anderen Künstlern zusammen, beispielsweise mit Tänzern oder wie beim KonzeptKonzert „Schall und Rausch“ mit der Sprecherin Stephanie Petrowitz. Am besten ist es, man kommt einfach mal vorbei und erlebt es selbst mit!

 

 

Feuilletonscout: Welches hat dir persönlich am meisten Spaß gemacht oder hast du als besonders eindrucksvoll in Erinnerung?
Carolin Denz: Das KonzeptKonzert „Hochzeiten“, das wir 2012 aufgeführt haben, ist immer noch ein Projekt, das mir sehr intensiv in Erinnerung geblieben ist. Das Stück „Le Noces“ von Strawinsky und auch die Konzipierung haben uns sehr herausgefordert und mir musikalisch und auch emotional sehr viel Energie abverlangt. Vielleicht muss man dazu sagen, dass wir das Stück, das auch rhythmisch nicht einfach ist, auf Russisch und fast komplett auswendig gesungen haben. Beides liegt mir nicht besonders :) Wir haben dem Publikum durch unterschiedliche Aufstellungen und Bewegungen eine Geschichte erzählt, uns dafür während des Stücks umgezogen etc. In den drei Konzerten lief dann alles reibungslos und wir hatten einen unheimlichen Spaß dabei. Die ganze Anspannung kehrte sich in totale Freude um und daran denke ich gerne zurück.

Feuilletonscout: Wir sind gerade mitten im Deutsch-Georgischen Kulturjahr. Nachdem ihr im Oktober in Tbilisi gewesen seid, sind nun die georgischen Chören Tutarchela und Shavnabada zu Gast in Berlin. Gemeinsam singt ihr das Magnificat von Johann Sebastian Bach. Was bedeuten solche Kooperationen für einen oder auch speziell für euren Chor?
Carolin Denz: Kooperationen mit anderen Musikern erweitern immer den Horizont, sowohl musikalisch als auch menschlich. Der Besuch in Georgien war natürlich etwas ganz Besonderes, da man nicht nur als Tourist vor Ort ist, sondern intensiv auch das Land und die Kultur kennenlernt – und zwar über die Musik. So haben wir unter anderem mit ein paar Sängern von Shavnabada einen Ausflug zum Kloster Dawit Garedscha gemacht, bei dem sie uns ein paar georgische Stücke in einer winzigen Kapelle vorgesungen haben. Auch hat die Dirigentin von Tutarchela einen Workshop mit uns gemacht, um uns georgische Lieder beizubringen. Solche Momente, Musik in dem Land, in dem sie entstanden ist in dieser Weise zu erfahren, sind einfach einmalig und bereichern uns als Chor sehr.

Feuilletonscout: Wie würdest du das Land beschreiben?
Carolin Denz: Das erste, was mir bei Georgien einfällt, ist die unheimlich herzliche Gastfreundschaft. Was beide Chöre für uns dort auf die Beine gestellt haben, war sehr beeindruckend und berührend. Das Land selbst gilt touristisch gesehen noch als Geheimtipp. Tbilisi hat viele verschiedene Facetten und man braucht einige Tage, bis man alles erkundet hat. Sobald man etwas aus der Stadt rauskommt, eröffnet sich einem eine atemberaubende Landschaft. Ich kann es nur wärmstens jedem empfehlen!

Feuilletonscout: Teil des Programms am 16. Dezember sind auch polyphone georgische Gesänge. Wobei liegt bei dieser Musik die Herausforderung? Und singen sie sich leichter, wenn man Land und Leute kennengelernt hat?
Carolin Denz: Wie zuvor erwähnt, haben wir schon in Georgien einige Stücke mit beiden Chören einstudiert und auch aufgeführt. Die Art und Weise, wie die Stimme eingesetzt wird und auch klingt, war für mich zunächst etwas befremdlich, da wir mit einer anderen Gesangstechnik aufwachsen und somit auch eine andere Klangfarbe erzeugen. Wir singen immer mit viel Technik und achten sehr präzise auf die genaue Übertragung des Notentextes in Klang. Georgische Musik dagegen lebt davon, mit dem ganzen Körper und vor allem mit dem ganzen Herzen zu singen. Es ist weniger wichtig, was genau in den Noten steht, sondern welche Gefühle transportiert werden. Die große Herausforderung für mich war, die Kontrolle auch mal loszulassen und sozusagen „einfach nur“ zu singen und zu fühlen. Wenn man die Menschen dort aber kennenlernt und mit ihnen zusammen singt, passiert das vollkommen natürlich.

Feuilletonscout: Gibt es noch weitere Veranstaltungen mit Bezug zu Georgien? Oder was steht als nächstes an?
Carolin Denz: Da beide Chöre nicht gleich nach dem „Magnificat“-Konzert wieder abreisen werden, wird es noch zwei Konzerte am Sonntag, den 17. Dezember geben. Im ersten um 14.30 Uhr wird nur Shavnabada in der Golgathakirche auftreten. Im zweiten Konzert um 17.30 Uhr wird Tutarchela gemeinsam mit den Singfrauen Berlin und dem Chor Die Fixen Nixen auftreten. Der Eintritt an Des Weiteren möchte ich auf einen wunderbaren Workshop hinweisen, den Davit, Leiter von Shavnabada am Freitag, 15. Dezember im Vorlesungssaal des Musikwissenschaftlichen Instituts. Hierin wird er über georgische Musik im Allgemeinen sprechen als auch über den Prozess, die traditionelle Musik aus Aufnahmen zu rekonstruieren. Man darf also wirklich gespannt sein und sich darauf freuen, sich für einige Zeit musikalisch nach Georgien entführen zu lassen!

Vielen Dank für das Gespräch, Carolin!
Carolin Denz ist Mitglied des Cantus Domus und Leiterin des Berliner Büros der auf klassische Musik spezialisierten Agentur WildKat PR.

Alle Termine im Überblick:

Sonntag, 17. Dezember, 14.30 Uhr
Shavnabanda
Golgathakriche
Borsigstraße 5
10115 Berlin
Eintritt frei

Sonntag, 17. Dezember, 17.30 Uhr
Tutarchela, die Singfrauen Berlin und die Fixen Nixen
Lindenkirche
Homburger Str. 48
14197 Berlin
Eintritt: Abendkasse 10€ (ermäßigt 8€).

Freitag, 15. Dezember 2017, 10 bis 12 Uhr
Workshop unter der Leitung des Chroleiters von Shavnabada
Vorlesungssaal des Musikwissenschaftlichen Instituts
Am Kupfergraben 5
10117 Berlin
Der Workshop ist kostenfrei.

 

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