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Edward Elgar: „Partsongs. From the Bavarian Highlands“

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Feuilletonscout Das Kulturmagazin für Entdecker MusikRezension von Ingobert Waltenberter.

„Zünftige“ Musik aus Bayerns Bergen und das noch von einem Engländer romantisch in chorische Akkorde gesetzt. Wie das wohl klingen mag? Noch dazu, wenn die Ehefrau des Komponisten, Frau Alice Elgar, die Texte des sechsteiligen Liederzyklus „From the Bavarian Highlands“ für gemischten Chor und Klavierbegleitung selber nach oberbayrischen „Volksweisen“ gedichtet bzw. übersetzt hat. Der BR-Chor unter Howard Arman führt es gekonnt vor. Wie hören allerdings weniger die speckigen Lederhosen, als vielmehr das elegante Hochzeitsdirndl. Vor allem in London gilt: Noblesse oblige.

Nicht nur ein überwiegend aus Klatschspalten bekannter thailändischer König hat ein Faible für Garmisch. Auch Edward Elgar genoss mit seiner Frau Alice den Sommerurlaub dort. Das Künstlerehepaar stieg jedoch nicht im Grand Hotel ab, sondern in einer behaglichen Pension, die von dem englischen Ehepaar Slingsby Bethell geführt wurde. Inspiriert von Gastfreundschaft und genius loci, angeregt durch die verführerischen Reize der Landschaft, den Wirtshäusern und Festen mit traditioneller Musik und Tanz verfasste Elgars Frau Alice im Sommer 1894 sechs Gedichte über die Lieblingsorte und Erlebnisse der Urlaube im bayerischen Alpenvorland: „Words from Bavarian Volkslieder and Schnadahupfler adapted by C. Alice Elgar“. Elgar, höchst angetan von der Gattin Dichtkunst, machte sich daran, zu den Gedichten den passenden Ton zu finden. Die musikhistorisch kuriosen sechs „Szenen aus dem bayerischen Hochland“ sind das schöne Ergebnis.

Auf dem Album des BR-Chors erklingt (wahrscheinlich Corona-bedingt) nicht die opulente Orchesterfassung, sondern das ursprünglich für Chor und Klavierbegleitung erstellte Original. Und auch zwei weitere Texte von Alice Elgar, nämlich die „Two Partsongs“, hat ihr Edward, diesmal für Frauenstimmen, zwei Violinen und Klavier, vertont. Neben einem dritten Zyklus „Five Partsongs from the Greek Anthology“ (die Texte sind einer vom Komponisten geschätzten Ausgabe von griechischen Gedichten des Engländers Graham Thomson entnommen) für Männerstimmen aus dem Jahr 1902 finden sich auf dem Album weitere sieben Kompositionen für Chor und verschiedene Besetzungen in der Begleitung.

Elgars Kompositionen für Chor weisen auffällig unterschiedliche technische Anforderungen auf. Einige Petitessen können – harmonisch simpel gestrickt – sicherlich von Amateurchören gesungen werden. Manche Passage vor allem der späteren großen orchesterbegleiteten Chorwerke gibt auch Profichören einiges zu knacken auf. Aufschlussreich ist, was Chorleiter Howard Arman dazu sagt: „Vielleicht wirft die Vielgestaltigkeit der mehrstimmigen Gesänge sogar ein Licht auf die Zerrissenheit von Elgar als Mensch – eine komplexe, selten Privates preisgebende Persönlichkeit.“

Das Album bietet eine stimmungsvolle („z.B.: „The Snow“) und atmosphärisch unverwechselbare (z.b.: “Yea, Cast Me from Heights“) Entdeckungsreise in hierzulande unbekanntes Elgar-Chormusikland. Diese unverfängliche Reise kann jedenfalls garantiert ohne Maske und Coronatests absolviert werden.

Radoslaw Szulc und Julita Smolen auf der Geige sowie der Pianist Max Hanft tragen prononciert zum Gelingen der CD bei, wenngleich die Aufnahmetechnik nicht gerade für die richtige Balance des Klaviers mit dem übermächtigen Chor sorgt. Der BR-Chor ist klanglich das pure Vergnügen, an der Textverständlichkeit hätte noch gefeilt werden können.

On the whole / Alles mitnand: Ein delikates CD-Leckerli für diejenigen, die Chormusik lieben oder einfach neugierig sind.

Anmerkung: Die Aufnahmen entstanden teils live während eines Konzerts am 26.10.2019 im Herkulessaal der Münchner Residenz, teils im BR-Studio. 

Edward Elgar
Partsongs from the Bavarian Highlands
Kompositionen für Chor, mit und ohne Begleitung
Chor des Bayerschen Rundfunks unter der Leitung von Howard Armand
BR Klassik 2021
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