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Rezension

Die Schneekugel

Die Macht des Ungesagten: Hugo Ramnek „Die Schneekugel“

Rezension von Barbara Hoppe.

Eine Schneekugel steht auf dem Schreibtisch. Die Kuppel hat einen Sprung. Darunter ein Dorf. Wenn man die Kugel schüttelt fällt Schnee auf die starre Landschaft. Flocken, die wie Erinnerungen herabrieseln. Auf das Kärntener Land, in die Gedanken des Jungen. Eines Jungen, der längst ein Mann ist. Am Ende dieses Romans in Erzählungen, als die Eltern alt sind und auch er nicht mehr jung. Sie ihn nicht mehr vom Bahnhof abholen können, denn der Weg ist zu beschwerlich.

Statt Kino: Meditation über Erinnerung und Verlust – Requiem um das Ende der ersten Menschheit mit Hoffnung auf die 17 anderen Menschheiten

Von Ingobert Waltenberger.

Großflächige, an der Neuen Einfachheit orientierte Filmmusik, die sich an grobkörnig schwarz-weiß in Szene gesetzten bewegten Bildern der brutalistischen „Spomeniks“ (slowenische, serbische und kroatische Bezeichnung für Monument) reibt.

Und immer wieder Tirol: Joe Fischler „Die Toten vom Lärchensee“

Rezension von Barbara Hoppe.

Da ist er wieder. Arno Bussi. Der Tiroler Polizist, der in Wien immer noch auf die große Karriere beim Bundeskriminalamt wartet, nachdem er eine Strafversetzung ins hinterste Tirol grandios dafür genutzt hat, einen Mordfall zu lösen und mit viel Ruhm und Ehre in die Hauptstadt zurückgekehrt ist. Nur, um wieder in der Abteilung Kriminalstatistik hinter dem Schreibtisch zu landen. Hat Staatsanwalt Qualtinger, der…

Er hat die richtigen Botanicals: Carsten Sebastian Henn „Der Gin des Lebens“

Von Barbara Hoppe.

Für Bene läuft es gerade gar nicht gut. Seine Freundin gibt ihm just in dem Moment den Laufpass, als er ihr einen Heiratsantrag macht, sein Oldtimer versinkt im Rhein und die Kfz-Werkstatt, die Bene von seinem Vater geerbt hat, schreibt rote Zahlen. Zeit, findet Bene, die letzte Flasche des selbstgebrannten Gins zu leeren, den Alexander Lerchenfeld seinem Sohn vor über zwanzig Jahren hinterließ. Doch statt sich ins Koma zu trinken, fällt Bene aus allen Wolken. Dieser Gin ist das Beste, was er je in den Händen gehalten hat.

Das Hôpital de la Salpêtrière und seine dunkle Geschichte: „Die Tanzenden“ von Victoria Mas

Es war an einem kalten Februartag, als Victoria Mas vor einem der berühmtesten Krankenhäuser von Paris – dem Hôpital de la Salpêtrière – auf einen Freund wartete. Sie schaute auf alte Backsteingebäude, denen man Neubauten hinzugefügt hatte. Der Zentraleingang war so lang wie ein Boulevard, am hinteren Ende begrenzte ein alter Flügel des Krankenhauses einen großen Park. Hier starb Prinzessin Diana nach ihrem Unfall. Viele Jahre vor zuvor war das Haus ein noch viel größerer Ort des Schreckens …

Das vielseitige kompositorische Werk der Louise Farrenc

Rezension von Ingobert Waltenberger.

Das musikgeschichtliche Schicksal der französischen Komponistin, Pianistin und Musiklehrenden Louise Farrenc – eigentlich Jeanne-Louise Dumont – ist in Kenntnis der verdienstvollen Editionen des Hauses cpo und den hervorragenden auf dieser CD vorgestellten Instrumentalwerken Anlass genug, sich wieder einmal bewusst gegen das idiotische Vorurteil zu stemmen, dass Frauen per se die weniger begabten Tonsetzerinnen seien. Das große Genie im 19. Jahrhundert hatte nämlich apodiktisch männlich zu sein.

Ostjüdisches Leben im Scheunenviertel: „Beide Seiten einer Straße“

Rezension von Corinna von List.

Der Verfasser dieses Romans war nicht nur Schriftsteller, sondern auch ein hoch angesehener Rechtsanwalt im Berlin der Weimarer Republik, der aus einem jüdisch-orthodoxen Elternhaus stammte. Durch seine Herkunft hatte er einen geschulten Blick auf die ostjüdische Lebenswelt der Grenadierstraße im Berliner Scheunenviertel.

Ein Gast im Glück: Jürgen Michaelsen alias YORN

Rezension von Barbara Hoppe.

Wer hört nicht gern eine schöne Geschichte? In der immer von irgendwo ein Lichtlein herkommt, sodass es weiter geht, und das sogar noch besser, schöner und erfolgreicher als vorher. Kurz: Eine Lebensgeschichte voller glücklicher Wendungen. Jürgen Michaelsen ist so ein Glückskind. Freilich kennt den 1935 geborenen Bremer wohl kaum jemand unter diesem Namen. Aber YORN kennt man. Die Modemarke, die bei Karstadt zu Hause ist. Bei Kleidung, Handtüchern und Accessoires.

10 Jahre Goldmund Quartett: „Travel Diaries“

Das witzige Retro-Cover macht Lust auf mehr. In einem nostalgisch weinroten Ford Cabrio machen unsere vier Musiker einen beschwingten Ausflug ins Grüne. Gute Laune, Sonne, saftige Wiesen, Wald und schroffe Kalksteinberge im Hintergrund. Davor blankes Chrom und polierter Lack, schwarze Sonnenbrillen und ein Cellokasten, der wie ein neugieriger Hund seine Schnauze in den Himmel reckt. Allesamt blinzeln sie neugierig in die idyllische Gegend. Dass diese Quartettspieler…

Drama am Askja: Gerwin van der Werf „Der Anhalter“

Rezension von Barbara Hoppe.

Es sollte die Reise ihres Lebens werden. Tiddo und Isa brechen gemeinsam mit ihrem Sohn Jonathan nach Island auf. Im Wohnmobil wollen sie das Land erkunden. Isa, die Naturwissenschaftlerin, freut sich auf die biologischen Besonderheiten und grandiose Landschaft, Tiddo möchte nichts mehr, als seiner Ehe neuen Schwung verleihen. Denn so richtig, so erfährt man nach und nach, läuft es zwischen den beiden nicht. Isa entzieht sich jeder Berührung ihres Manns, acht Jahre ohne Sex sprechen für sich.