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Anton Rubinstein „Moses“ – Weltpremiere auf CD

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Feuilletonscout Das Kulturmagazin für Entdecker Musik„Es werde Licht“-  Michail Jurowski dirigiert das Polish Sinfonia Iuventus Orchester. Rezension von Ingobert Waltenberger.

Unglaublich, dass dieses gewaltige musikalische Panorama rund um den biblischen Propheten Moses erst jetzt in seiner Gesamtheit aus der Taufe gehoben wurde. Glücklicherweise wurde das an melodischen Schätzen und raffinierten Chorsätzen reiche Werk dank des Engagements des Dirigenten Michail Jurowski in Polen in einer vorbildlichen Interpretation auf Tonträger gebannt. Rubinstein, von dem nur die fantastische, auf einem Gedicht des russischen Dichters Lermontov basierende Oper „Der Dämon“ einigermaßen bekannt ist, hatte vier biblische Opern geschrieben: Der Turm zu Babel, Sulamith, Christus und Moses.

Die letzte davon, Moses, weist nach Struktur (Rezitative, Arien, Ensembles, zahlreiche Chöre) und Duktus wesentliche Elemente eines Oratoriums auf. Die kompositorischen Vorbilder liegen unverkennbar in den romantischen  Oratorien von Mendelssohn (Paulus, Elias), aber auch in den Vokalwerken Händels, die im 19. Jahrhundert eine Renaissance erlebten und sich mit alttestamentarischen Themen beschäftigten. Von der künstlerischen Ästhetik wandte sich Anton Rubinstein sowohl gegen die nationalen russischen Tendenzen als auch gegen die „neudeutschen“ Komponisten wie Wagner. Ihn interessierte vielmehr das Vermächtnis frühromantischer Schwärmerei und klassizistischer Romantik (Brahms). Rubinstein wollte für seine religiösen Opern einen genuin theatralischen Rahmen, konzertante Aufführungen lehnte er ab.  Er soll auch überlegt haben, ein besonderes Theater nach dem Modell Bayreuths zu bauen.

Anton Rubinstein "Moses"

Rubinstein schreibt seine Oper Moses in der Zeitspanne 1884-1891 auf ein Libretto des österreichischen Theaterliteraten Salomon Hermann von Mosenthal, der durch das Libretto zu Otto Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“ Bekanntheit erlangte. Die Oper  Moses erzählt die bekannte Geschichte des biblischen Propheten in acht Bildern. Die Aufnahme wird der Originalsprache des Librettos gemäß in deutscher Sprache gesungen. Der solistische Löwenanteil kommt dabei dem samtenen Bariton Stanislaw Kuflyuk in der Titelpartie zu. Oft hat er feierliche Accompagnato-Rezitative zu singen, die jedoch nie langweilen, weil die vielen Ensembles und mächtigen Chöre kontrastvoll die dramatischen Episoden illustrieren. Über 20 Solorollen sind für Moses aufzubieten, von denen der ägyptische Pharao (Torsten Kerl), dessen Tochter Asnath (Evelina Dobraceva), Moses Mutter Johebet (Malgorzata Walewska mit traumhaft fließendem Kontraalt), ihre Tochter Miriam (Chen Reiss) sowie die Stimme Gottes (wiederum dem Tenor Tosten Kerl anvertraut) hervorzuheben sind.

Überaus erfreulich ist zudem, mit welcher Hingabe und klanglicher Opulenz das polnische Jugendorchester und der philharmonische Chor aus Warschau ihre anspruchsvollen Aufgaben erledigen. Nach der auf den CDs festgehaltenen Studioproduktion fand ein Konzert der gesamten Oper am 15. Oktober 2017 in der National Philharmonic Hall statt. Michail Jurowski plant weitere unbekannte Partituren des bislang vor allem durch seine Klaviermusik bekannten  Anton Rubinstein zu heben.

Wer mit „Moses“ musikalisch bis heute nur Rossini, Schoenberg oder Händel (Israel in Egypt) assoziiert, sollte sich rasch Rubinsteins Oper anhören. Eine Empfehlung.

Anton Rubinstein
Polish Sinfonia Iuventus Orchestr / Leitung Michail Jurowski ,
Warner Classic 2018
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