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Abgesang aufs Paradies

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Feuilletonscout Das Kulturmagazin für Entdecker MusikSorbet „This Was Paradise“ oszilliert zwischen Elektronik und Pop mit Jazz- und Klassikanleihen. Rezension von Ronald Klein.

Hinter dem fruchtigen Pseudonym versteckt sich Chris W. Ryan, der vorwiegend als Komponist von Filmmusik und Produzent (u.a. Just Mustard und NewDad) sowie als Drummer des Robocobra Quartetts in Erscheinung tritt. Auch er hatte mit den Folgen des Lockdowns zu kämpfen: Plötzlich war mehr Zeit da und so begann er, an seinem Solo-Debüt zu arbeiten.

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Als Pate des Album-Titels und -Konzepts dient John Miltons Versepos „Lost Paradise“, das mit der Vertreibung aus dem Garten Eden beginnt. Sorbet stellt dies jedoch weniger in einen biblischen als vielmehr in zeitgenössischen Zusammenhang: Der Mensch wird nun nicht mehr vertrieben, sondern zerstört das, was ein Paradies war und weiterhin hätte sein können. Das unermüdliche Wachstum der Bevölkerung und der Wirtschaft zerstört dezimiert die Artenvielfalt, vernichtet Ressourcen und Refugien. „Wir stecken zwischen Paradies und Hölle fest und schwingen ständig zwischen diesen beiden Polen hin und her, je nachdem, wie wir uns zueinander und gegenüber unserem Planeten verhalten“, reflektiert Ryan. „Durch den Klimawandel schlittern wir zum Beispiel beinahe wörtlich auf eine Hölle zu.“

Diese Entwicklung wird in großen Teil instrumental beschrieben: „Ästhetisch wollte ich das Gleichgewicht zwischen akustischer und elektronischer Komposition halten, zwischen der natürlichen Welt und dem Fußabdruck des Menschen“, sagt der Nordire. Pianopassagen und dräuende Elektronik treten dabei in den Dialog mit akustischen Instrumenten. Klangliche Verweise auf das Werk von Laurie Anderson, Kate Bush oder David Byrne kommen in Form intelligent gesetzter akustischer Farbtupfer. Kollegen aus der Jazz- und Klassikbranche fügen sich in das Ensemble wie die Vokalisten Maija Sofia, Mark McCambridge (Arborist) und Mícheál Keating (Bleeding Heart Pigeons) – die am Ende ausrufen: „This was paradise, it was nice.“ Leider ist dies weniger eine Mahnung, sondern in erster Linie eine nüchterne Zustandsbeschreibung.

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