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Literatur: Franziska Berge „Septembertage oder die Jagd nach den Abgründen“

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Literatur: Franziska Berge „Septembertage oder die Jagd nach den Abgründen“Rezension von Barbara Hoppe

„Sie treffen: Anna, in ihrem Beruf nennt sie sich Sarina von Maltig, auffallendes Merkmal sind ihre hennarot gefärbten, krausen Haare.
Martin, seine Haarfarbe ist ungewiss braun.
„Die Frau auf dem Fahrrad“, sie heißt Frau Schneider, mit dem Rufnamen Liese, und hat blonde, kurze Haare, die schwer zu bändigen sind.
Und einige wenige andere.
Weiterhin: Jemanden, den Sie sowieso jeden Morgen im Spiegel sehen.“

So beginnt Franziska Berges Roman „Septembertage oder Die Jagd nach den Abgründen. Trilogie der Seltsamkeiten (1): Liebe.“ Und schon ist man mitten in der Geschichte.

Feuilletonscout: Ist Liebe eine Seltsamkeit?
Franziska Berge: Durchaus. Wie das Leben auch. Aber die „Seltsamkeit“ im Titel hatte ich zunächst auf die besondere, unwirkliche Situation bezogen, mit der sich die Protagonisten in den „Septembertagen“ auseinandersetzen müssen.

Kaum hat man Anna, Martin und Liese kennengelernt, und kaum, dass sie sich in einer ungewöhnlichen ménage-à-trois eingerichtet haben, setzt ein Regen ein, der die Geschichte wie mit einem Wasservorhang umhüllt. Unerklärlich. Mysteriös. Und doch scheinen die die drei keine Angst zu haben. Wie in einem Traum akzeptieren sie die Merkwürdigkeit und suchen nach einer Erklärung, ohne je in Panik zu verfallen.

Feuilletonscout: Frau Berge, träumen sie viel?
Franziska Berge: Ja, und gerne. Allerdings eher tagsüber, Tagträume. Dafür lässt mir der Alltag allerdings in den letzten Jahren wenig Zeit. Das Schreiben gibt mir die Zeit und die Träume zurück.

Das Wasser entwickelt eine Sogwirkung, die den Leser mitzieht. Ist der Regen real? Sind die Figuren Wirklichkeit? Ist das ganze nur ein Traum? Wie im phantastischen Roman nur im Bewusstsein eines einzigen Menschen, den wir Leser noch nicht kennen?

Feuilletonscout: Die Beziehung zwischen den drei Protagonisten ist harmonisch, wenn auch nicht spannungsfrei. Haben Sie Erfahrungen mit Wohngemeinschaften?
Franziska Berge: Ihre Beschreibung der Beziehungskonstellation gefällt mir sehr. Ich hatte darüber nachgedacht, den Text eine „Utopie“ zu nennen, und dies bezog sich auf die Beziehungen und die Harmonie, die in ihnen herrscht. Wären sie darüber hinaus auch noch spannungsfrei, wären sie langweilig, das sind sie aber für meinen Geschmack nicht. Ach so, ja, ich habe in Wohngemeinschaften gelebt. Die waren allerdings ganz anders. Ein autobiographischer Bezug fällt mir da an der Oberfläche nicht ein.

Feuilletonscout: Der Regen führt zur Isolation, wirkt aber auch reinigend. Die Umwelt ist ausgeblendet. Anna, Martin und Liese sind auf sich gestellt. Wie sind sie auf dieses mysteriöse Sujet gekommen? Oder haben Sie eine besondere Beziehung zu Regen?
Franziska Berge: Das kann ich leider nicht erklären. Was den Regen betrifft: Im Alltag eher lästig und störend. Aber in Momenten größerer Ruhe auch schön, weil sinnlich und klar.

Feuilletonscout: Liese liebt Abgründe, ist mit Fahrrad und Kamera ständig auf der Jagd nach neuen Motiven. Ist das menschliche Dasein ein Abgrund?
Franziska Berge: So würde ich es nicht sagen. Eher so: Unter der rationalen, effizienten Oberfläche des Alltags liegt eine zweite Ebene. Sie ist poetisch, vielleicht auch gefährlich. Sie ist aber für das Überleben der Menschheit wichtig. Der Abgrund ist eher eine Metapher für Poesie, das Andere, für tiefe Gefühle und die Verbindung mit allem.

Feuilletonscout: „Septembertag oder die Jagd nach den Abgründen“ ist der erste Teil einer Trilogie. Auf was dürfen sich die Leser noch freuen?
Franziska Berge: Auf zwei Kurzgeschichten, in denen die Protagonisten mit anderen Seltsamkeiten konfrontiert werden und damit umgehen müssen.

„Septembertage oder die Jagd nach den Abgründen“ ist ein Roman wie ein Traum, der auf seinen nur rund 100 Seiten den Leser verunsichert, Reales verfremdet, Wirklichkeit in Frage stellt, keine Lösung bietet und trotzdem ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Ein Experiment, auf das sich einzulassen lohnt, vorausgesetzt, man ist bereit, nicht für jeden losen Faden eine Verankerung finden zu wollen.

Hier „Septembertage oder Die Jagd nach den Abgründen: Trilogie der Seltsamkeiten (1): Liebe“ herunterladen

Franziska BergeÜber die Autorin:
Franziska Berge ist in der Welt der Kommunikation zu Hause. Sie verfasste zahlreiche Texte in den Bereichen Bildung und Werbung. Nebenher entstanden Artikel, kleine freie Arbeiten und Erzählungen. Sie arbeitet gern mit Fotografie und Gestaltung zusammen und ist thematisch breit aufgestellt. Die Autorin lebt in Berlin.

 

 

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